Erdgas, hier ein Gasspeicher in Etzel, ist der Gewinner der Halbjahres-Enrgiebilanz. Foto: Gazprom Germania

Gasspeicher: Halbvoll oder halbleer?

von | 2. November 2015

Die Bundes­re­gierung denkt, dass es reicht, die Branche zweifelt: Nach einem Bericht der FAZ sind die deutschen Gasspeicher zu 77 % gefüllt. Das sollt eigentlich für einen strengen Winter reichen. Die Selbst­ver­pflichtung der Branche sieht vor, 90 Tage Deutschland aus den Speicher heraus bei durch­schnitt­licher Kälte versorgen zu können. 

Dabei müssten die Speicher zu 100 % gefüllt sein, was jedoch technisch nicht möglich ist. Die 77 % würden immerhin für 76 Tage reichen – so lange war in Deutschland schon kein Winter mehr. Deswegen auch der Opti­mismus der Regierung.

Die Branche hingegen sagt, dass das derzeit einge­la­gerte Gas bereits wieder verkaufte Mengen, vor allem an Kunden jenseits der Landes­grenzen seien – mithin für eine Notfall­re­serve nicht verfügbar. Durch die politisch gewollte Trennung von Speicher, Netz und Handel, Legal Unbundling genannt, einst von der EU gefordert und von Muster­knaben Deutschland schon vor gut 10 Jahren umgesetzt, fühle sich für die Versor­gungs­si­cherheit niemand mehr verantwortlich.

Im Sommer hatten bereits die Grünen sich nach der Sicherheit der hiesigen Gasver­sorgung erkundigt. Die Regierung beschied damals:

Mögliche neue Instru­mente zur Verbes­serung der Gasver­sor­gungs­si­cherheit müssen auf Basis einer Kosten-​Nutzen-​Analyse erfolgen, da damit Markt­aus­wir­kungen und lang­fristige Kosten verbunden sind. 

Diese Analyse ist offen­sichtlich nicht erfolgt, ansonsten würde die Bundes­re­gierung das Ganze ja nicht als Nicht-​Problem sehen und den Gaskelch als gut gefüllt betrachten. Was nun doch kommen könnte, und das ist schnell umzu­setzen, wäre die Spei­cher­ver­pflichtung der Branche in Geset­zesform gießen – analog der Mine­ral­öl­branche mit dem Erdöl­be­vor­ra­tungs­verband. Das sähe nach Hand­lungs­fä­higkeit aus und würde auch das Sicher­heits­be­dürfnis hiesiger Gaskunden in Haus­halten und Industrie beruhigen. Und der Gaskelch wäre dann mehr als nur halbvoll.

Vorschaubild: Gasspeicher, wie hier der in Etzel, sind das Rückgrat der deutschen Gaswirt­schaft und poten­zielle Träger einer stra­te­gi­schen Reserve. Foto: Gazprom Germania

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
Wärme­wende: Para­de­bei­spiel Dänemark

Wärme­wende: Para­de­bei­spiel Dänemark

In Dänemark werden bereits heute fast zwei Drittel der Wärme aus erneuerbaren Energien bereitgestellt. In Deutschland sind es knapp 14 %. Natürlich sind die Voraussetzungen in beiden Ländern sehr unterschiedlich. Aber es gibt Methoden und Technologien, die auch...

Rückenwind für Mieterstrom?!

Rückenwind für Mieterstrom?!

Die Energiekrise und auch zukünftig mit Sicherheit steigende Preise fossiler Brennstoffe fördern das Interesse an der Eigenversorgung von Immobilien. Denn damit können über Jahrzehnte hinweg insbesondere Strompreise stabil gestaltet werden. Photovoltaikanlagen (PV)...