Fassaden- und Dämmcheck. Foto: ZVSHK

Die Moti­vation der Moder­ni­sierer, oder: Es geht nur über den Geldbeutel!

von | 5. Januar 2016

Der Markt ist riesig, das Enga­gement schwach: zwei Drittel aller Haus­be­sitzer in Deutschland halten eine ener­ge­tische Sanierung der eigenen vier Wände für sinnvoll. Warum liegt dann die Moder­ni­sie­rungs­quote nur bei müden 1 Prozent? Verschiedene Unter­su­chungen legen nahe, dass oftmals zwar der Wunsch der Vater des Gedankens, der Geld­beutel jedoch der Entscheider ist … Beitrag von 2011, der nach wie vor aktuell ist.

Das Ziel der Bundes­re­gierung ist – gelinde gesagt – sportlich. 20 Prozent Wärme­en­ergie sollen bis 2020 einge­spart werden. Da die Haushalte 40 Prozent aller Energie in Deutschland wegfressen und dafür rund ein Drittel CO2 ausstoßen, wird hier auch das größte Einspar-​Potenzial gesehen. Dabei fallen zwei Ressourcen sofort ins Auge, die sich fast überall finden: fehlende Dämmung bei älteren Gebäuden und veraltete Heizungsanlage.

Die Lösung sieht einfach aus: Um die Ziele zu erreichen, müsste die Moder­ni­sie­rungsrate von derzeit 1 auf 2 Prozent (bezogen auf den gesamten deutschen Wohn­ge­bäu­de­be­stand) angehoben werden. In den verblei­benden 39 Jahren bis 2050 wären dann auch die 80 Prozent zu schaffen, die bis dahin an Primär­energie einzu­sparen wären. Die Bundes­re­gierung lockt seit Juni mit Steu­er­ver­güns­ti­gungen sowie Zuschüssen innerhalb des Markt­an­reiz­pro­grammes (MAP) sowie einiger KfW-​Kredite. Nun müsste nur noch der Haus­be­sitzer zuschlagen und in Richtung schöne neue Ener­giewelt aufbrechen.

Umwelt­schutz – unter „Ferner liefen…“

Tut er aber nicht! Warum? Politik verhält sich zum wirk­lichen Leben, wie ein Solarodul zum Schmud­del­wetter. Gut gewollt ist nicht gleich sofort genutzt. Die Moti­vation der Verbraucher liegt nicht im Klima­schutz, sie sanieren eher dann, wenn sie Geld­mittel frei haben oder ganz einfach die Notwen­digkeit dazu besteht. Das legen mehrere Studien insbe­sondere von Baufi­nan­zierern nahe, die teils ihre Kunden­daten auswer­teten oder Sparer befragten und analy­sierten, wer für was sein mühsam ergat­tertes Bauspar­gut­haben ausgibt.

Und da stehen einige einleuch­tende Gründe ganz weit oben. Die Hälfte aller Haus­be­sitzer und ‑vermieter saniert, wenn Geräte kaputt sind, sie es bequemer und sauberer haben wollen, oder die Ener­gie­kosten durch die Decke zu gehen drohen. Das ermit­telten die Konsu­mer­spe­zia­listen der GfK im Auftrag der LBS.* Der Umwelt­nutzen inter­es­siert hingegen weniger. Den gaben gut 15 Prozent der befragten an – und das bei möglichen Mehrfachnennungen. 

Häufig will man ‚schon was machen in Bezug auf Umwelt­schutz‘, doch wenn dann die Kosten der Maßnahmen zur Sprache kommen, zieht man sich ganz schnell zurück, denn kosten darf das eigentlich nichts“, bestätigt Jan Stelzer, Kauf­män­ni­scher Leiter der Haustechnik-​Abteilung von Jorczyk Energie, diese Einschätzung. Und: „Solange der Schorn­stein­feger sagt ‚die Werte sind doch noch gut‘, wird in der Regel gar nichts gemacht“. 

Ist Förderung wichtig?

Ein weiterer inter­es­santer Fakt: Lediglich 12 Prozent gaben an, dass Förder­mittel und Steu­er­sen­kungen, wie von der Bundes­re­gierung auf den Weg gebracht, wichtig seien. Der Rest kam ohne sie aus. Zwar konsta­tierte eine Unter­su­chung der Bauspar­kasse Schwä­bisch Hall**, dass 73 Prozent eine staat­liche Förderung als außer­or­dentlich oder sehr wichtig erach­teten und 35 Prozent ohne staat­liche Förderung keine Sanierung in Angriff nehmen würden. Damals wurde jedoch nicht gefragt, ob sie eine Moder­ni­sierung davon abhängig machen würden. Dies scheint offen­sichtlich nicht der Fall zu sein. Fraglich also, ob finan­zielle Förde­rungen überhaupt der richtige Hebel sind, um die Sanie­rungs­quote zu erhöhen. Gesetz­liche Vorgaben oder gar staat­licher Druck, wie etwa in Baden-​Württemberg mit der 10-​Prozent-​Quote von Erneu­er­baren bei ener­ge­ti­scher Sanierung und hie und da von Poli­tikern immer mal wieder ins Spiel gebracht, sind kontra­pro­duktiv und werden gar nicht wahr­ge­nommen. Lediglich 2 Prozent gaben in der LBS-​Studie an, durch gesetz­liche Vorgaben zur Sanierung bzw. Moder­ni­sierung veran­lasst worden zu sein. 

Ältere sanieren gern – und haben das Geld dazu

Wer sich den klas­si­schen Sanierer als jung-​dynamischen, frischen Erwerber eines in die Jahre gekom­menen Eigen­heimes vorstellt, der noch selbst Hand anlegt, muss sich eines Besseren belehren lassen. „Der Prototyp des Haus- oder Wohnungs­ei­gen­tümers … ist durch­schnittlich knapp 55 Jahre alt, verfügt über­wiegend über einen Hoch­schul­ab­schluss und hat fast 46.000 Euro in die Moder­ni­sierung gesteckt“, so ein Fazit der Kredit­an­stalt für Wieder­aufbau (KfW), die gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirt­schaft Köln (IW) von ihr geför­derten Moder­ni­sierer bewertete***. 36 Prozent der Sanie­rungs­wil­ligen sind demnach älter als 60 Jahre! „Am ehesten würde ich den typischen Sanierer als gut situiert, zwischen 40 und 55 Jahre alt, gebildet beschreiben. Man hat noch ein wenig auf der hohen Kante und überlegt sich, wie man das anlegen kann“, pflichet Praxismann Stelzer bei.

Was wird zuerst gemacht

Immerhin 17 Prozent der LBS-​Befragten wollen in den nächsten drei Jahren ihre eigenen vier Wände auf Vordermann bringen. Welche Prio­ri­täten setzen sie dabei? An erster Stelle stehen mit 35 Prozent Boden­beläge. Die haben in der Regel eine geringere Lebens­dauer als eine Heizungs­anlage. Die jedoch folgen schon danach mit 33 Prozent – an sich keine üblen Aussichten für das SHK-​Gewerbe. Erneu­erbare Wärme­quellen (13 Prozent, hier vor allem Wärme­pumpen) und Wärme­dämmung der Außen­wände (11 Prozent), mit denen sicherlich das größte von der Regierung gewünschte Einspar­po­tenzial zu erreichen wäre, werden hingegen nicht so gut angenommen. 

Bei der Dämmung könnte das auch an den Kosten liegen. Denn am Geld hängt so einiges, wenn nicht gar alles. „Nur wenn die Brenn­stoff­kosten enorm ausufern, greift die Kosten­ar­gu­men­tation. Ansonsten wird klar die mögliche jährliche Einspar­menge mit dem Inves­ti­ti­ons­vo­lumen ins Verhältnis gesetzt und abgewogen“, so Stelzer. Und: Moder­ni­sierer fangen meist erst an, wenn Geld frei ist, entweder in Form eines Guthabens (44 Prozent) oder eines Bauspar­ver­trages (38 Prozent). Kredite wie Bauspar-​Darlehen (37 Prozent) und andere Finan­zie­rungen (39 Prozent) spielen ebenfalls eine Rolle (nach Angaben von Schwä­bisch Hall, Mehr­fach­nen­nungen möglich). Dennoch: Eine Mehrheit wird sich für die Ener­gie­wende nicht verschulden.

* LBS Research /​GfK – Studi­en­umfang: 3.100 Befragte, die in den letzten drei Jahren Maßnahmen von mind. 5.000 Euro durch­führten, 2011
** Repräsentativ-​Umfrage von Schwä­bisch Hall, 2008
*** Befragung von 5.500 Eigen­nutzern und 250 Wohnungs­un­ter­nehmen durch die KfW-​Bankengruppe und des Instituts der deutschen Wirt­schaft, 2010

Geschrieben für Brenn­stoff­spiegel und aktua­li­siert für diesen Blog. Der voll­ständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 08/​2011 zu lesen. Zum kosten­freien Probeabo geht es hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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