Tkw-Unfälle sind in Deutschland zwar nicht an der Tagesordnung, kommen dennoch häufig vor. Interview mit Dr.-Ing. Michael Pötzsch, Regierungsdirektor in der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und ‑prüfung, Berlin und dort u.a. zuständig für die Zulassung von Tanks, über Gesetze, Verordnungen und technischen Änderungen, die dies einschränken sollen.
Welches sind die „Achillesfersen“ an einem Tkw?
Es gibt keine dramatische Achillesverse, die uns auffällt, natürlich immer in der Relation von gewollter Sicherheit und tragfähiger Wirtschaftlichkeit.
Ist eine Weiterentwicklung des Anfahrschutzes sinnvoll?
Die mechanischen Mittel, die von deutschen Tkw-Herstellern eingesetzt werden, sind oftmals eine Kombination von Anfahrschutz und Unterfahrschutz. Vielmehr geht da nicht und erfüllt auch die derzeit geltende Vorschrift, an der sich wohl vorerst nichts mehr groß ändern wird. In Deutschland allein können wir für eine weitere Anhebung der Standards keine eigenen Vorschriften mehr erarbeiten. Europa macht da nicht mit. Von dort bekommen wir allenfalls merkwürdige Tipps, wie die Geschwindigkeit auf Autobahnen herabzusetzen. Das könnte zu Verwechslungen führen, da die Geschwindigkeiten von Lkw´s nicht zur Debatte stehen. Wir sprechen ja gerade über Lkw zu Lkw-Unfälle.
Was wäre an der Tank-Hülle sinnvoll?
Das ADR ist das Mindestmaß. Einige Firmen der Großchemie haben für bestimmte Aspekte sogar noch härtere Vorschriften. Was sehr sinnvoll ist – weg vom Toploading. Das ist nicht nur gut für den Arbeitsschutz, sondern es gibt dann nur noch eine Befülleinrichtung. Und die führt zu mehr Routine und somit zu mehr Sicherheit.
Wichtig ist aus meiner Sicht die Wartung. Uns kommen bei Unfällen immer wieder Tkw unter, die zwar optimal gebaut, aber mangelhaft gewartet wurden. Das betrifft insbesondere den Domdeckel, aber auch die Armaturen sowie Ventile oder Flammendurchschlagsicherungen. Hier gibt es noch Nachholbedarf. Beispiel Domdeckel: Der wird manchmal schnell mit dem Fuß zugeschlagen, dabei wird die Dichtung breitgequetscht. Bei einer normalen Fahrt ist das noch halbwegs dicht, nicht jedoch, wenn der Tkw sich bei einem Unfall auf die Seite legt. Deswegen: Wartung, Wartung, Wartung!
Was könnte das Tkw-Fahren sicherer zu machen?
Oftmals führt ein geplatzter Reifen an der Vorderachse zu einem Unfall. Deutsche Lkw-Hersteller sagen unisono, dass sie erst in fünf Jahren soweit sind, eine vom Fahrer zu überwachende Reifeninnendruckmessung serienmäßig einzubauen. Da es ja Systeme am Markt gibt, muss man hier prüfen, wie zuverlässig die sind.
Was auf jeden Fall sinnvoll wäre, ist eine Fahrdynamikregelung à la ESP. Die sollte Spur- und Bremsassistent sowie einen Abstandswarner beinhalten. Und im Idealfall natürlich die schon erwähnte Reifeninnendruckmessung. Solch ein System kann den Fahrer bei zu starker Kurvenfahrt warnen. Eine Vorschrift hierzu wird es wohl jedoch auf absehbare Zeit nur für Gefahrgutfahrzeuge in Europa nicht geben. Eine Realisierung liegt letztlich an der Initiative der Hersteller und ihrer Kunden.
Ab wann gibt es eine bundeseinheitliche Regelung für die Zulassung von Gefahrgut-Fahrzeugen?
Der frühestmögliche Termin der Übertragung der Länderhoheiten für die Zulassung von festverbundenen Tanks der Tankfahrzeuge nach Kapitel 6.8 des ADR an den Bund ist 2013, und zwar im Rahmen einer neuen Gefahrgutverordnung. Der Tenor dafür ist durchweg positiv. Viele sind der Meinung, das sei lange überfällig und würde zu einer klaren Vereinheitlichung sowohl der Prozeduren als auch der Anforderungen führen.
Geschrieben für Brennstoffspiegel und aktualisiert für diesen Blog. Der vollständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 01/2012 zu lesen. Zum kostenfreien Probeabo geht es hier.
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