Eigentlich lohnt er nicht mal das Papier, auf dem er steht: der Entwurf des Klimaschutzplans 2050 aus dem Bundesumweltministerium.
Was einst als groß angelegte und breit aufgestelltes Beteiligungsprojekt begann, endete vorerst gestern mit einer Verbändeanhörung, also den Einwürfen der Lobbyisten. Die von grüner Seite, also Nabu, WWF, Greenpeace und BUND, traten erst gar nicht an. Der vorliegende Entwurf sei weder zustimmungsfähig noch glaubwürdig, so die vier in einer gemeinsamen Erklärung.
Damit liegen sie nicht falsch. War der Ton in Bezug auf Treibhausgas-Einsparungen und Energieeffizienz im ursprünglichen Entwurf deutlich schärfer, findet sich davon kaum mehr was. Auch ordnungspolitische Maßnahmen, von jeher unbeliebt und auch nicht immer zielführend, sind weitgehend aus dem Entwurf verschwunden, so das ursprünglich diskutierte Verbot von Öl- und Gasheizungen im Neubau ab 2030.
Dem Vernehmen nach hat das Kanzleramt bereits vor der Sommerpause des Parlaments weite Teile des Planes kassiert. Doch fraglich bleibt, wie denn nun die hochtrabenden Klimaziele vonParis21 überhaupt erreicht werden sollen. Die Vorschläge oder Bitten der Lobbyisten sind dazu kaum geeignet, dieser schon Quasi-Leiche wieder Leben einzuhauchen. Deswegen sollen hier einige von ihnen dokumentiert werden.
Klimaschutz als alleiniger Innovationstreiber?
Mit dem Klimaschutzplan will das Bundesumweltministerium in Zukunft Klimaschutz als alleinigen Treiber für Innovationen in der Industrie festschreiben. Andere unternehmerische Entscheidungskriterien wie die Qualität von Produkten oder die Wirtschaftlichkeit, die für den Erfolg der Unternehmen maßgeblich sind, sollen dieser Prämisse grundsätzlich nachstehen. Das hat letztlich nicht nur negative Auswirkungen auf die Unternehmen, sondern auch auf das Klima. Denn die benötigten industriellen Güter werden notfalls an Standorten mit niedrigeren Effizienz- und Klimaschutzanforderungen produziert. Anstatt durch überbordende Regulierungen und praxisferne Vorschriften vermeintlichen Fortschritt erzwingen zu wollen, sollte man im gemeinsamen Dialog mit der heimischen Industrie wieder mehr Augenmerk auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen legen.
VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft
Der Klimaschutzplan 2050 wird eine weitreichende Weichenstellung darstellen. Ihm muss deshalb ein wissenschaftlich fundierter Prozess vorgeschaltet sein, der die Maßnahmen und Ziele objektiv überprüfbar gewichtet. Im bisherigen Dialogprozess wurden vor allem politische Zielsetzungen formuliert. Jede Maßnahme des Klimaschutzplans 2050 muss außerdem mit einem Preisschild und einer technologischen Machbarkeitsanalyse versehen werden. In vielen Aussagen ist der neue Entwurf weniger konkret als die Vorgängerpapiere.
Es wurde auf einige Verbote verzichtet und Innovationen wird Raum gelassen. Statt konkreter Zahlen und Termine wird nun allerdings in einigen Passagen darauf verwiesen, dass diese in der bevorstehenden Ressortabstimmung festgelegt werden sollen. Die Verbände der Technischen Gebäudeausrüstung sorgen sich, dass in diesem Prozess erneut direkte oder indirekte Verbote im Klimaschutzplan 2050 verankert werden.
BTGA Bundesverband Technische Gebäudeausrüstung, Fachverband Gebäude-Klima, Raumlufttechnische Geräte – Herstellerverband
In der Präambel des Plans betont die Bundesregierung zwar die Prinzipien der Technologieneutralität und Innovationsoffenheit. Der Text selbst ist allerdings nach wie vor von der Frage geprägt, ab wann man aus welcher Technologie aussteigen sollte. Ein so dirigistischer Ansatz lähmt Innovationen. Sollte die Politik hier einseitige und unkoordinierte Entscheidungen treffen, laufen wir Gefahr, wichtige Technologien und Kapazitäten lange vor der Zeit zu entwerten. …
Die Vorgaben für den Wärmesektor gehen aus unserer Sicht viel zu einseitig von einer kurzfristigen Elektrifizierung des Gebäudesektors auf Basis Erneuerbarer Energien aus. Dies ist für den Bestand nicht realistisch. Alternativen im Gebäudebereich werden nicht ausreichend berücksichtigt. Erdgas und Energieeffizienz sollten als Geschäftsmodelle gestärkt und in die möglichen Pläne zur langfristigen Dekarbonisierung integriert werden.
BDEW
Wer potenzielle private Investoren zu Effizienzinvestitionen zwingen möchte, ist keine Effizienzsteigerungen aus, sondern Attentismus. Im Gegensatz zu staatlichen Zwängen für mehr Klima- und Ressourcenschutz setzen die drei Spitzenverbände Daher auf eine konsequente und verstetigte Politik der Anreize.
BDH – Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie, DG Haustechnik, ZVSHK – Zentralverband Sanitär Heizung Klima
Kein Weg für Ordnungspolitik
Also – alles bleibt anders, aber irgendwie so, wie es war. Ordnungspolitik ist kein Mittel, wohl wahr, das hat das EWärmeG in Baden-Württemberg eindringlich bewiesen. Allerdings hat die bisherige Technologieoffenheit auch nichts gebracht. Die Wärmewende etwa schlummert nach wie vor im Keller. Und dahin gehören auch die sterblichen Überreste dieses Klimaschutzplans hin – als weitere Leiche im Keller dieser Bundesregierung. Denn es bedarf wenig Phantasie, dass nach der gestrigen Anhörung davon etwas übrig, das am Leben zu halten sich lohnen täte.
Über den auch im Klimaschutzplan 2050 abgeschwächten Kohleausstieg berichtet Energieblogger-Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Stromauskunft.
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