Blockchain ist in aller Munde. Die im Nachgang manipulationssichere Dokumentationssoftware ermöglicht exakte Datenerfassung und schnelle Abrechnung. Erste Anwendungen in der Energiewirtschaft gibt es. Für die Immobilienwirtschaft könnten sich daraus neue Möglichkeiten ergeben. Doch wie realistisch ist das überhaupt?
Zuerst: Blockchain ist Hype, ist Gespenst, ist Bedrohung, ist Chance.
Danach: Blockchain ist eine Datenbank, die Transaktionen dezentral und manipulationssicher aufzeichnen kann. Mehr nicht. Was man daraus macht, hängt von jedem selbst ab. Doch was könnte das für Immobilienwirtschaft sein?
Blockchain Definition: Ein global verteiltes Kassenbuch
„Die Blockchain kann man sich wie ein global verteiltes Kassenbuch vorstellen, das auf tausenden oder Millionen von Rechnern liegt“, erklärt Kian Schreiber, Geschäftsführer des Berliner Blockchain-Startups xtech.
„Die einzelnen Transaktionen werden kryptographisch verschlüsselt und in Gruppen, so genannten Blöcken, in das System gespielt. Diese einzelnen Blöcke wiederum werden aneinander gekettet, so dass eine Kette von Blöcken entsteht, ergo die Block-Chain. Sollte ein Angreifer versuchen wollen die Blockchain zu manipulieren, so müsste er nicht nur eine Transaktion im System manipulieren, sondern auch die Transaktionen davor und danach, all dies zeitgleich auf Millionen von Rechnern bei höchster Verschlüsselung.“
Einen Unterschied zum herkömmlichen Kassenbuch gibt es natürlich. Während die alte, analoge oder lokal digitale Variante nur von Buchhalter, Prokurist oder Geschäftsführer eingesehen werden kann (und natürlich vom Finanzamt), kann auf der Blockchain jeder der Teilnehmer alle Transaktionen beobachten. Allerdings sind die anonymisiert.
Blockchain Währung: Abgerechnet wird digital
Abgerechnet wird in einer digitalen Währung. Davon gibt es inzwischen mehrere. Am bekanntesten ist Bitcoin. Doch warum braucht man überhaupt digitales Geld? „Bitcoin wurde erstmals in einem sogenannten White Paper, einem Aufsatz, beschrieben, welcher kurz nach der Finanzkrise 2008 auf große Aufmerksamkeit stieß. In diesem White Paper wurde das elektronische Geldsystem erklärt, welches es ermöglicht, Geld direkt von einer Person zu der Nächsten, also peer-to-peer, zu senden, Eine neuere Blockchain names Ethereum baut auf dem Konzept von Bitcoin auf und geht noch einen Schritt weiter. ohne einen Mittelsmann“, erklärt Schreiber. Das Interesse sei deshalb auch so groß gewesen, weil durch die Finanzkrise das Vertrauen in das traditionelle und zentrale Bankensystem erschüttert war. …
Gekürzt. Geschrieben für das Immobilienportal von haufe.de. Der komplette Beitrag ist hier zu lesen.
Meine Energieblogger-Kollegin Katja Reisswig befasst sich hier auf ihrem Blog Technewable ebenfalls mit der Frage, wie die Blockchain-Technologie Schubkraft für den grünen Energiesektor gibt.
Blockchaintechnologie bietet etliche Ansatzpunkte für die Energiewirtschaft insbesondere im Bereich dezentraler Versorgungsmodelle, wie Mieterstrom (siehe Unten)
Doch zunächst zu Ihrer Aussage: „Abgerechnet wird in einer digitalen Währung.”
Nicht unbedingt. Da die Technologie, wie sie korrekt darlegen, wie eine Art gemeinsames digitales ‚Kassenbuch’ funktioniert, ist es unerheblich in welcher Währung und auf welche Weise die Zahlung erfolgt, solange sicher gestellt ist, dass eine entsprechende Gegenbuchung im „Kassenbuch” vorgenommen wird. Fazit: Die Nutzung von Blockchaintechnologie lässt sich von Cryptowährungen somit komplett entkoppeln.
Zur Wohnungswirtschaft
Obgleich die Grenzkosten erneuerbarer Energien sich nahe Null bewegen werden dezentrale Versorgungsmodelle derzeit durch hohe Transaktionskosten gehemmt. So bewegen sich insbesondere Mieterstromanlagen aufgrund ihres hohen Verwaltungsaufwandes auf Ebene der Bilanzierung, und Abrechnung der Liefermengen sowie IKT bei gleichzeitig vergleichsweise geringen Energieumsätzen pro Anlage, oft an der Grenze der Wirtschaftlichkeit. Voraussetzung für einen systematischen Rollout dezentraler Versorgungssysteme ist deshalb eine zielgerichtete und nachhaltige Senkung der Transaktionskosten. Hier eröffnen sich durch Einsatz der noch jungen Blockchain-Technologie neue Ansatzpunkte:
Ansatzpunkt 1:
Blockchain als Werkzeug der Marktkommunikation zur vollautomatischen, und damit kostenneutralen Bilanzierung und Abrechnung von Energieerzeugung und Verbrauch dank autonom ablaufender blockchainseitiger Energiedatenverarbeitung und ‑bereitstellung.
Ansatzpunkt 2:
Konsolidierung von Heiz- und Stromkosten durch „Capacity Utilisation Billing”: Blockchain-Technologien ermöglichen eine Abrechnung dezentral erzeugter Energie (Strom und Wärme) nachindividueller, anteiliger Nutzung statt nach Verbrauch von kWh (analog zur bisherigen Heizkostenverteilrechnung). Damit besteht für Vermieter perspektivisch die Möglichkeit
bereitgestellte Heizenergie und elektrischem Strom in einer einzigen Faktura zu konsolidieren. Die Stromversorgung aus dezentralen Anlagen könnte somit Teil der regulären Heiz- und Nebenkostenabrechnung werden. Der zusätzliche administrative Overhead z. B. bei Mieterstrom würde sich somit auf ein Minimum reduzieren.
Ansatzpunkt 3:
Als Fortsetzung des Konsolidierungsansatzes unter Punkt 2. lässt sich perspektivisch die gesamte Nebenkostenabrechnung via Blockchain erstellen. Die gesamte unterstützende Infrastruktur (Strom, Wärme, Wasser, Entsorgung etc.) könnte hierdurch von Wohn- und Gewerbeimmobilien mit Hilfe der Blockchain-Technologie verwaltet und abgerechnet werden. Die Schlagwörter „Smart-City“ und „Interet of Things“ würden so mit Leben gefüllt. Denn Blockchain-Technologien zeichnen sich strukturell durch einen extrem hohen Automatisierungsgrad aus („Prozess-Autonomisierung“). Visionär wären autonome Gebäude, die sich zumindest auf Ebene der Energieversorgung) in einem
völlig neuartigen Marktmodell mit nahe Null-Grenzkosten sowie nahe Null-Transaktionskosten
bewegen.
Insbesondre für größere Wohnungs- und Immobilienunternehmen mit mehreren Objekten in einer Region oder in einem Siedlungsgebiet stellt sich die Frage der systematischen informationstechnischen Vernetzung einzelner Mieterstromanlagen/Gebäude zu einem Pool bzw. zu einem virtuellen Versorgungssystem, das mehr ist als ein virtuelles Kraftwerk. Es entsteht eine Vernetzung semi-autarker, autonomer Gebäude zu einem Gesamtversorgungssystem. Die so entstehenden Skaleneffekte ermöglichen eine optimale netzwerkweite Ausnutzung der dezentralen Infrastrukturen auf Ebene der einzelnen Gebäude. So lassen sich bspw. Produktionsüberschüsse, die in einem Gebäude anfallen, über das öffentliche Netz an andere Gebäude im Netzwerk liefern, deren Energiebedarf gerade nicht durch die vor Ort erzeugten Strommengen alleine abgedeckt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn Anlagen /Objekte mit komplementären Erzeugungs- und Verbrauchsprofilen miteinander vernetzt werden (z. B. Gewerbe- und Wohnimmobilien in städtisch verdichteten Siedlungsräumen).
Energetische Mehr- und Mindermengen, die auf Ebene einzelner Gebäude auftreten, können so zu großen Teilen innerhalb des Gebäude-Pools ausgeglichen werden, bevor Ausgleichsenergie über den üblichen Weg des Börsenhandels beschafft oder losgeschlagen werden muss. (Stichwort „Hybridstrommarkt“(1)). Der „lokale Eigenverbrauch“ von vor Ort erzeugtem Strom wird also mit „virtuellem Eigenverbrauch“ von regional erzeugtem und über das öffentliche Netz geleiteten Strom
kombiniert.
Und das beste daran: Gebäudeeigentümer wären, aufgrund des hohen Automatisierungsgrads, für die Umsetzung, selbst solcher komplexen Modelle, nicht zwingend (bzw. in einem viel geringeren Umfang) auf die bisherigen Akteure des Energiemarktes angewiesen. Stattdessen könnten sie dezentrale Versorgungsmodelle in weiten Teilen in Eigenregie umsetzen.
(1) Vgl. Thorsten Zörner: Hybridstrommarkt. Ein Strommarktdesign für die Energiewende: http://stromdao.de/_media/hysm-buch_v3.pdf
Danke für den umfangreichen Kommentar. Er enthält etliche Ansätze, die ich gern weiter verfolgen werde.