Foto: Tim Reckmann/pixelio.de

Block­chain in der Ener­gie­wirt­schaft: Was steckt hinter dem Hype?

von | 17. August 2017

Block­chain ist in aller Munde. Die im Nachgang mani­pu­la­ti­ons­si­chere Doku­men­ta­ti­ons­software ermög­licht exakte Daten­er­fassung und schnelle Abrechnung. Erste Anwen­dungen in der Ener­gie­wirt­schaft gibt es. Für die Immo­bi­li­en­wirt­schaft könnten sich daraus neue Möglich­keiten ergeben. Doch wie realis­tisch ist das überhaupt?

Zuerst: Block­chain ist Hype, ist Gespenst, ist Bedrohung, ist Chance.

Danach: Block­chain ist eine Datenbank, die Trans­ak­tionen dezentral und mani­pu­la­ti­ons­sicher aufzeichnen kann. Mehr nicht. Was man daraus macht, hängt von jedem selbst ab. Doch was könnte das für Immo­bi­li­en­wirt­schaft sein?

Block­chain Defi­nition: Ein global verteiltes Kassenbuch

Die Block­chain kann man sich wie ein global verteiltes Kassenbuch vorstellen, das auf tausenden oder Millionen von Rechnern liegt“, erklärt Kian Schreiber, Geschäfts­führer des Berliner Blockchain-​Startups xtech.

Die einzelnen Trans­ak­tionen werden kryp­to­gra­phisch verschlüsselt und in Gruppen, so genannten Blöcken, in das System gespielt. Diese einzelnen Blöcke wiederum werden anein­ander gekettet, so dass eine Kette von Blöcken entsteht, ergo die Block-​Chain. Sollte ein Angreifer versuchen wollen die Block­chain zu mani­pu­lieren, so müsste er nicht nur eine Trans­aktion im System mani­pu­lieren, sondern auch die Trans­ak­tionen davor und danach, all dies zeit­gleich auf Millionen von Rechnern bei höchster Verschlüsselung.“

Einen Unter­schied zum herkömm­lichen Kassenbuch gibt es natürlich. Während die alte, analoge oder lokal digitale Variante nur von Buch­halter, Prokurist oder Geschäfts­führer einge­sehen werden kann (und natürlich vom Finanzamt), kann auf der Block­chain jeder der Teil­nehmer alle Trans­ak­tionen beob­achten. Aller­dings sind die anonymisiert.

Block­chain Währung: Abge­rechnet wird digital

Abge­rechnet wird in einer digitalen Währung. Davon gibt es inzwi­schen mehrere. Am bekann­testen ist Bitcoin. Doch warum braucht man überhaupt digitales Geld? „Bitcoin wurde erstmals in einem soge­nannten White Paper, einem Aufsatz, beschrieben, welcher kurz nach der Finanz­krise 2008 auf große Aufmerk­samkeit stieß. In diesem White Paper wurde das elek­tro­nische Geld­system erklärt, welches es ermög­licht, Geld direkt von einer Person zu der Nächsten, also peer-​to-​peer, zu senden, Eine neuere Block­chain names Ethereum baut auf dem Konzept von Bitcoin auf und geht noch einen Schritt weiter. ohne einen Mittelsmann“, erklärt Schreiber. Das Interesse sei deshalb auch so groß gewesen, weil durch die Finanz­krise das Vertrauen in das tradi­tio­nelle und zentrale Banken­system erschüttert war. …


Gekürzt. Geschrieben für das Immo­bi­li­en­portal von haufe​.de. Der komplette Beitrag ist hier zu lesen.

Meine Energieblogger-​Kollegin Katja Reisswig befasst sich hier auf ihrem Blog Tech­ne­wable ebenfalls mit der Frage, wie die Blockchain-​Technologie Schub­kraft für den grünen Ener­gie­sektor gibt.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. Stefan Thon

    Block­chain­tech­no­logie bietet etliche Ansatz­punkte für die Ener­gie­wirt­schaft insbe­sondere im Bereich dezen­traler Versor­gungs­mo­delle, wie Mieter­strom (siehe Unten)

    Doch zunächst zu Ihrer Aussage: „Abge­rechnet wird in einer digi­ta­len Währung.”

    Nicht unbedingt. Da die Tech­no­logie, wie sie korrekt darlegen, wie eine Art gemein­sames digitales ‚Kassenbuch’ funk­tio­niert, ist es uner­heblich in welcher Währung und auf welche Weise die Zahlung erfolgt, solange sicher gestellt ist, dass eine entspre­chende Gegen­bu­chung im „Kassenbuch” vorge­nommen wird. Fazit: Die Nutzung von Block­chain­tech­no­logie lässt sich von Cryp­to­wäh­rungen somit komplett entkoppeln.

    Zur Wohnungs­wirt­schaft

    Obgleich die Grenz­kosten erneu­er­barer Energien sich nahe Null bewegen werden dezen­trale Versor­gungs­mo­delle derzeit durch hohe Trans­ak­ti­ons­kosten gehemmt. So bewegen sich insbe­sondere Mieter­strom­an­lagen aufgrund ihres hohen Verwal­tungs­auf­wandes auf Ebene der Bilan­zierung, und Abrechnung der Liefer­mengen sowie IKT bei gleich­zeitig vergleichs­weise geringen Ener­gie­um­sätzen pro Anlage, oft an der Grenze der Wirt­schaft­lichkeit. Voraus­setzung für einen syste­ma­ti­schen Rollout dezen­traler Versor­gungs­systeme ist deshalb eine ziel­ge­richtete und nach­haltige Senkung der Trans­ak­ti­ons­kosten. Hier eröffnen sich durch Einsatz der noch jungen Blockchain-​Technologie neue Ansatzpunkte:

    Ansatz­punkt 1:
    Block­chain als Werkzeug der Markt­kom­mu­ni­kation zur voll­au­to­ma­ti­schen, und damit kosten­neu­tralen Bilan­zierung und Abrechnung von Ener­gie­er­zeugung und Verbrauch dank autonom ablau­fender block­chain­sei­tiger Ener­gie­da­ten­ver­ar­beitung und ‑bereit­stellung.

    Ansatz­punkt 2:
    Konso­li­dierung von Heiz- und Strom­kosten durch „Capacity Utili­sation Billing”: Blockchain-​Technologien ermög­lichen eine Abrechnung dezentral erzeugter Energie (Strom und Wärme) nach­in­di­vi­du­eller, antei­liger Nutzung statt nach Verbrauch von kWh (analog zur bishe­rigen Heiz­kos­ten­ver­teil­rechnung). Damit besteht für Vermieter perspek­ti­visch die Möglichkeit
    bereit­ge­stellte Heiz­energie und elek­tri­schem Strom in einer einzigen Faktura zu konso­li­dieren. Die Strom­ver­sorgung aus dezen­tralen Anlagen könnte somit Teil der regulären Heiz- und Neben­kos­ten­ab­rechnung werden. Der zusätz­liche admi­nis­trative Overhead z. B. bei Mieter­strom würde sich somit auf ein Minimum reduzieren.

    Ansatz­punkt 3:
    Als Fort­setzung des Konso­li­die­rungs­an­satzes unter Punkt 2. lässt sich perspek­ti­visch die gesamte Neben­kos­ten­ab­rechnung via Block­chain erstellen. Die gesamte unter­stüt­zende Infra­struktur (Strom, Wärme, Wasser, Entsorgung etc.) könnte hierdurch von Wohn- und Gewer­be­im­mo­bilien mit Hilfe der Blockchain-​Technologie verwaltet und abge­rechnet werden. Die Schlag­wörter „Smart-​City“ und „Interet of Things“ würden so mit Leben gefüllt. Denn Blockchain-​Technologien zeichnen sich struk­turell durch einen extrem hohen Auto­ma­ti­sie­rungsgrad aus („Prozess-​Autonomisierung“). Visionär wären autonome Gebäude, die sich zumindest auf Ebene der Ener­gie­ver­sorgung) in einem
    völlig neuar­tigen Markt­modell mit nahe Null-​Grenzkosten sowie nahe Null-Transaktionskosten
    bewegen.

    Insbe­sondre für größere Wohnungs- und Immo­bi­li­en­un­ter­nehmen mit mehreren Objekten in einer Region oder in einem Sied­lungs­gebiet stellt sich die Frage der syste­ma­ti­schen infor­ma­ti­ons­tech­ni­schen Vernetzung einzelner Mieterstromanlagen/​Gebäude zu einem Pool bzw. zu einem virtu­ellen Versor­gungs­system, das mehr ist als ein virtu­elles Kraftwerk. Es entsteht eine Vernetzung semi-​autarker, autonomer Gebäude zu einem Gesamt­ver­sor­gungs­system. Die so entste­henden Skalen­ef­fekte ermög­lichen eine optimale netz­werk­weite Ausnutzung der dezen­tralen Infra­struk­turen auf Ebene der einzelnen Gebäude. So lassen sich bspw. Produk­ti­ons­über­schüsse, die in einem Gebäude anfallen, über das öffent­liche Netz an andere Gebäude im Netzwerk liefern, deren Ener­gie­bedarf gerade nicht durch die vor Ort erzeugten Strom­mengen alleine abgedeckt wird. Dies gilt insbe­sondere dann, wenn Anlagen /​Objekte mit komple­men­tären Erzeugungs- und Verbrauchs­pro­filen mitein­ander vernetzt werden (z. B. Gewerbe- und Wohn­im­mo­bilien in städtisch verdich­teten Siedlungsräumen).

    Ener­ge­tische Mehr- und Minder­mengen, die auf Ebene einzelner Gebäude auftreten, können so zu großen Teilen innerhalb des Gebäude-​Pools ausge­glichen werden, bevor Ausgleichs­en­ergie über den üblichen Weg des Börsen­handels beschafft oder losge­schlagen werden muss. (Stichwort „Hybridstrommarkt“(1)). Der „lokale Eigen­ver­brauch“ von vor Ort erzeugtem Strom wird also mit „virtu­ellem Eigen­ver­brauch“ von regional erzeugtem und über das öffent­liche Netz gelei­teten Strom
    kombiniert.

    Und das beste daran: Gebäu­de­ei­gen­tümer wären, aufgrund des hohen Auto­ma­ti­sie­rungs­grads, für die Umsetzung, selbst solcher komplexen Modelle, nicht zwingend (bzw. in einem viel gerin­geren Umfang) auf die bishe­rigen Akteure des Ener­gie­marktes ange­wiesen. Statt­dessen könnten sie dezen­trale Versor­gungs­mo­delle in weiten Teilen in Eigen­regie umsetzen.

    (1) Vgl. Thorsten Zörner: Hybrid­strom­markt. Ein Strom­markt­design für die Ener­gie­wende: http://​stromdao​.de/​_​m​e​d​i​a​/​h​y​s​m​-​b​u​c​h​_​v3.pdf

    • Frank Urbansky

      Danke für den umfang­reichen Kommentar. Er enthält etliche Ansätze, die ich gern weiter verfolgen werde.

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