Ein Gespräch mit Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP).
EnWiPo: Die gerade viel diskutierte Dena-Studie „Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima-und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor“ setzt den Tenor auf Technologieoffenheit. Sie waren einer der Auftraggeber. Sind Sie mit diesem Ergebnis glücklich?
Sabel: Es ist wichtig in alle möglichen Richtungen zu denken und entsprechend zu forschen. Uns kam es vor allem darauf an, die Paris-Ziele von 95% CO2-Minderung sektorenübergreifend zu untersuchen. Das hat die Studie auch geleistet. Die Ergebnisse sind aus Wärmepumpen-Sicht erfreulich: Mindestens 7 Mio. Wärmepumpen müssen bis 2050 in Deutschland installiert sein, bei einer auf elektrische Anwendungen fokussierten Strategie sogar 16 Mio. Der Wärmepumpen-Ausbau muss also in jedem Fall deutlich beschleunigt werden. Natürlich lässt die Studie aber auch noch Fragen offen: Es wird zwar vorgerechnet, dass das sogenannte „Elektrifizierungsszenario“ gegenüber dem sogenannten „Technologiemix-Szenario“ mehr kostet, die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung wurde allerdings nicht gemacht. Zum Beispiel wird angenommen, dass im Falle einer Elektrifizierung mehr gedämmt werden muss. Das schafft aber auch inländische Wertschöpfung. Im Technologiemix-Szenario hingegen werden PtX-Brennstoffe aus dem Nicht-EU-Ausland importiert, sodass viel Kapital abfließt. Die Studie beantwortet also mitnichten die Frage, welcher Pfad der bessere für die Volkswirtschaft als Ganzes ist.
Das heißt, der Absatz von Wärmepumpen müsste rasant wachsen. Ist damit schon in den kommenden Jahren zu rechnen?
Dieses Jahr gehen wir von einem Absatzplus von 15 Prozent aus. Dieser starke Anstieg war auch durch die EnEV und den Bauboom bedingt. Für 2018 sind wir vorsichtiger. Wir rechnen zwar weiter mit steigenden Absätzen, aber diese werden voraussichtlich nicht mehr so stark ausfallen. Für den notwendigen Ausbau müssten sich die Rahmenbedingungen ändern, insbesondere die Verzerrungen im Bereich der Energiepreise müssen dringend beseitigt werden.
Bleibt die Luft-Wasser-Wärmepumpe dabei das Absatz-Schwergewicht?
Wenn man realistisch ist, ja. Der Anteil der Sole-Wasser Wärmepumpen am Gesamtabsatz der Heizungswärmepumpen liegt derzeit etwa bei einem Drittel. Die zunächst höheren Investitionskosten und oft auch die Unsicherheiten, die das Genehmigungsverfahren mit sich bringt, wirken offensichtlich abschreckend auf Bauherren. Dabei bleibt die Erdwärmepumpe, ob mit offenem oder geschlossenem Quellenkreislauf das effizienteste System, das zudem einen Vorteil hat: man kann damit im Sommer kühlen. Die Hersteller von Erdwärmesonden testen diese Technologie zudem für einen Zeitraum von 100 Jahren. In dieser Zeit kann ich zwei oder drei Erdwärmepumpen mit der gleichen Sonde betreiben. Wenn man das einrechnet, ist die Erdwärmepumpe sogar die günstigste Variante.
In diesen Zeiträumen denkt ja eher niemand. Entscheidend ist das hier und jetzt und wie schnell sich etwas amortisiert. Sind hier neue Entwicklungen zu erwarten? Oder ist das System Wärmepumpe schon technisch ausgereizt – etwa vergleichbar mit der Brennwerttechnik?
Gerade ältere Kunden, die darüber nachdenken ihr Haus an die Kinder zu vererben, denken schon langfristig. Die großen Sprünge sind in nächster Zeit nicht zu erwarten. Natürlich arbeitet die Industrie kontinuierlich an der Verbesserung der Systeme. Die Wärmepumpe hat sich ja auch über die Jahrzehnte hinweg evolutionär entwickelt. Modulierende Wärmepumpen sind sicher ein Thema, ebenso die Minimierung von Schallemissionen. Aber da wir uns hier schon auf einem hohen Qualitätsniveau bewegen sind weitere Optimierungen mit einem entsprechenden Aufwand verbunden Ein wichtiges Thema ist außerdem die Digitalisierung, die ja in allen Bereichen voranschreitet. Im Bereich der Wärmepumpen tut sich hier einiges, z.B. wenn es um die Fernwartung von Geräten geht oder um die Einbindung einer Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher.
Wie sähe denn ein idealer, politischer Hebel aus, um die Wärmepumpe dahin zu befördern, wo sie den eingangs beschriebenen Szenarien nach hingehört?
Ein wesentlicher Ansatzpunkt sind die Energiepreise. Diese müssten sich an dem Treibhauspotential des jeweiligen Energieträgers orientieren. Um eine Entwicklung in diese Richtung anzustoßen, haben wir vorgeschlagen, die Ausnahmen bei der EEG-Umlagen für energieintensive Unternehmen aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzieren. Die Unterstützung von energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und es gibt keinen Grund warum diese ausschließlich über den Strompreis finanziert werden sollte. Auch die Stromsteuer sollte man absenken oder abschaffen, um die Lücke hin zu den Preisen für Gas und Öl zu verringern. Das würde auf jeden Fall helfen. Die Förderung für rein fossil betriebene Heizungen sollte auch schnellstmöglich beendet werden. Damit werden einfach die falschen Signale gegenüber dem Endverbraucher gesetzt.
Wäre das geplante Gebäudeenergiegesetz, das ja letztlich an der CDU scheiterte, eine Hilfe gewesen?
Ja, aber bei einigen Punkten hatten wir Bauchschmerzen, etwa bei der permanenten Anzeige der Jahresarbeitszahl. Das hätten die Hersteller dann ausschließlich für den deutschen Markt bauen müssen. Technisch ist das zwar möglich, aber sehr aufwändig und aus unserer Sicht auch nicht zielführend.
Der Wärmepumpenabsatz ist neubaugetrieben. Soll die Wärmepumpe in Millionenregionen vorstoßen, geht das nur über die Bestandsgebäude. Wie kann das gelingen?
Entscheidend sind die Handwerker. Sie beraten den Kunden, wenn er ein neues Heizsystem braucht. Wir haben einen Leitfaden entwickelt, mit dem wir hoffen, die Informationsdefizite am Markt beheben zu können, etwa die Fehlinformation, dass eine Wärmepumpe nur mit einer Flächenheizung funktioniert. Allerdings: Auch die Handwerker haben Nachwuchssorgen und derzeit manchmal den Kopf gar nicht frei, um sich um die Wärmepumpe auch noch zu kümmern.
Fällt dann die Energiewende aus, weil es niemanden mehr gibt, der fortschrittliche Heizungstechnologien einbauen kann?
So schlimm wird es nicht kommen. Aber das Berufsbild muss aus meiner Sicht attraktiver werden. Ein Wärmepumpeninstallateur ist ja quasi SHK-Handwerker, Elektriker, Steuerungsspezialist und Klimafachmann in einem. Es gibt verbändeübergreifend Interessen, hier ein neues Berufsbild zu kreieren, das genau das alles vereint und das für junge Menschen entsprechend attraktiv ist. Denn die Arbeit mit der Wärmepumpe ist attraktiv. Es wird zunehmend darum gehen Haustechnik intelligent miteinander zu vernetzen. Die Steuer- und Regelungstechnik wird stark an Bedeutung gewinnen. Eine spannende Aufgabe, die die Energiewende in die Heizungskeller bringt.
Um die Bedeutung der Wärmepumpe für die Energiewende geht es hier auf dem Blog von energiezukunft.
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