Interview mit Dr. Matthias Schulz vom Fraunhofer IKTS in Hermsdorf
Dabei werden neben Batterien auch andere Technologien von Nöten sein, um diese Mammutaufgabe auf dem Weg zur 0‑CO2 Gesellschaft zu meistern.
Am 16./17. September 2019 startet die erste EAST Energy And Storage Technologies exhibition & conference im CongressCenter der Erfurter Messe. In loser Folge interviewt im Vorfeld AKTUELLES Redner, die in den verschiedenen Workshops mit ihren Themen zum Gelingen der EAST beitragen. Heute gelten die Fragen Dr. Matthias Schulz, der im Workshop Technologien über keramische Natrium-Batterien als kostengünstige stationäre Stromspeicher mit einheimischer Wertschöpfung berichtet.
Sie leiten die Arbeitsgruppe „Stationäre Energiespeicher“ in der Abteilung „Systemintegration und Technologietransfer“ des Fraunhofer IKTS in Hermsdorf. Welche Schwerpunkte verfolgt ihre Arbeitsgruppe?
Schulz: Meine Arbeitsgruppe setzt sich aus 10 Wissenschaftlern, Doktoranden und Technikern zusammen. Wir befassen uns mit verschiedenen Technologien zur Energiespeicherung, wobei „Keramische“ Batterien im Moment einen großen Schwerpunkt darstellen. Unser Fokus liegt bei allen Aktivitäten auf der Entwicklung von nicht Lithium basierten Technologien für die stationäre Speicherung. Ausgehend von Werkstoffentwicklungen befassen wir uns mit Zellentwicklungen und elektrochemischen Methoden zur Bewertung der Werkstoffe und Zellkonzepte. Mit Hilfe von Kollegen aus anderen Arbeitsgruppen bearbeiten wir die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum Batterie-Prototypen.
Gemeinsam mit den Fraunhofer-Forschern Prof. Michael Stelter, Dr. Roland Weidl, Heidi Dohndorf, Lutz Kiesel, Martin Hofacker und Benjamin Schüssler haben Sie eine keramische Batterie entwickelt, die vollständig aus unkritischen und einheimischen Rohstoffen hergestellt wird. Worin liegen weitere Besonderheiten dieser Batterie?
Bei hoher Energiedichte von 110 Wh/kg ist der Batterietyp extrem sicher und sehr robust. Die „Chemie“ der Zelle ist verglichen mit Li-Ion Batterien nicht anfällig gegen Überladung. Kritische Zustände die zum Brand oder gar zur Explosion führen, können nicht auftreten. Auch ist das Entweichen gefährlicher Gase ausgeschlossen. Die Batterien können somit ohne weitere Sicherheitsmaßnahmen in Gebäuden installiert werden. Aufgrund der Historie der Technologie sind prinzipiell Lebensdauern von über 10 Jahren mit über 4500 Vollzyklen nachgewiesen. Auch das Recycling der Batterien ist kein Problem. Die Zellen werden als wertvoller Sekundärrohstoff von der Stahlindustrie gekauft, was ökonomisch äußerst vorteilhaft ist.
Am 8. April 2019 haben Sie hierfür den Thüringer Forschungspreis in der Kategorie „Angewandte Forschung“ erhalten. Können Sie diese Ehrung noch einmal Revue passieren lassen?
Die Auszeichnung mit dem Thüringer Forschungspreis ist für mich und das Team eine große Ehre. Die Arbeiten an diesem Batterietyp haben 2012 mit der Finanzierung eines Grundlagenprojektes durch das Land Thüringen (Forschergruppe) begonnen. Im Lauf der Jahre wurde das Thema systematisch weiter bearbeitet, so dass im Januar diesen Jahres der Technologietransfer an ein Industrieunternehmen gestartet ist. Diesen Entwicklungszyklus in Gänze mitzuerleben und durch einen Preis gewürdigt zu werden, ist sicher etwas Einmaliges im Leben eines Wissenschaftlers.
Definieren Sie die Rolle von Energiespeichern im Gesamtkontext der Energiewende.
Ohne Energiespeicher wird es nicht gehen! Das zeigen so ziemlich alle Prognosen. Die Energieinfrastruktur wird sich zu einer dezentralen Landschaft aus Erzeugung und Verbrauch wandeln müssen. Ohne Speicher im Netz funktioniert das nicht. Dabei werden neben Batterien auch andere Technologien von Nöten sein um diese Mammutaufgabe auf dem Weg zur 0‑CO2 Gesellschaft zu meistern.
Nennen Sie abschließend Herausforderungen, die, ihrer Ansicht nach, zum positiven Gelingen der Energiewende noch bevorstehen.
Aus meiner Sicht müssen insbesondere die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Es muss ökonomisch sinnvoll werden erneuerbare Energien zu nutzen. Dies kann am besten durch Schaffung von Anreizen für die „Erneuerbaren“ und Abschaffung von Subventionen für die „Fossilen“ erfolgen. Verbote halte ich nur begrenzt für zielführend. Technologisch ist alles schon jetzt möglich. Weiterhin ist es an uns Verzicht zu üben. D.h. Energiesparen, wo es nur geht.
Gekürzt. Das komplette Interview ist hier auf der Seite vom Verlag VI-Strategie nachzulesen.
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