Der Kongress EAST am 16. und 17. September 2019 befasst sich auch mit unkonventionellen Speicherlösungen. Eine davon: Strom mit Keramik speichern. Die preisgekrönte Lösung entwickelten Fraunhofer-Wissenschaftler in Thüringen.
Keramik kennt man im Zusammenhang mit Strom eher als Isolator. Doch damit lässt sich auch Strom speichern. Kochsalz und Nickel als Gemisch ergeben einen Pol einer Batterie. Der andere Pol wird aus flüssigem Natrium gebildet. Um beide Pole zu trennen, kann man eine neu entwickelte Spezialkeramik einsetzen, in der bei Lade- und Entladevorgängen Natrium-Ionen wandern können. Zusammen ergibt das eine keramische Natriumbatterie. Für einen solchen Stromspeicher erhielten Thüringer Forscher vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Hermsdorf jüngst den Thüringer Forschungspreis.
Keramikbatterien sind schon seit gut 50 Jahren bekannt. Ursprünglich wurden sie für Elektroautos entwickelt. Eine größere wirtschaftliche Bedeutung erzielten sie bisher nur in Asien. Das ändert sich gerade, denn die Forscher des IKTS entwickelten das Prinzip als Speicher für Stromnetze bis zur Marktreife. Ihre Batterie, cenergy genannt, vereint gleich mehrere Vorteile. Die Kosten liegen deutlich unter jenen für Batterien auf Lithiumbasis. Das wiederum senkt die Kosten der Zelle auf 100 Euro je kWh Speicherkapazität – nur etwa die Hälfte dessen, was für Lithiumbatterien fällig wird.
Die Zellen sind in Großserie herstellbar, wobei auf die regionale Keramikindustrie zurückgegriffen werden kann. Seltene oder teure Rohstoffe enthält die Batterie nicht – sie kommt ausschließlich mit heimischen Grundstoffen aus – also Salz, Nickel und Additive, Keramik sowie Metall für das Gehäuse. Zudem ist der Batterietyp sehr effizient und hat eine hohe Speicherdichte, da er ein einfaches chemisches Grundprinzip ausnutzt.
Durch die Temperatur von etwa 300 °C, die aufrechterhalten werden muss, ist die Zelle eher träge. Die Keramikbatterie kann also gut Lastverschiebungen innerhalb eines Tages auffangen – etwa in Gebäuden, in denen tagsüber mittels eigener Photovoltaik-Anlage Strom erzeugt und dieser aber auch in den Abendstunden ohne Produktion genutzt werden soll.
Die größte derzeit verfügbare Zelle hat eine Spannung von 2,3 V, eine Kapazität von 128 Ah, einen Energieinhalt von 294 Wh und wird im System eine Lebensdauer von etwa 5.000 Ladezyklen haben. Natrium-Batteriespeicher können ein kleines Haus versorgen, lassen sich aber auch modular zu größeren Batterien mit mehreren 100 kWh Kapazität koppeln.
Den Durchbruch erzielten die Forscher des IKTS, als es ihnen gelang, die Spezialkeramik der Batterie – so genanntes beta-Aluminat – in hoher Geschwindigkeit mit industrietauglichen Verfahren wie Strangpressen und Foliengießen in keramische Formkörper höchster Qualität zu überführen.
Derzeit baut das IKTS sein industrielles Partnernetzwerk für die kommerzielle Verwertung aus.
Ein Workshop zur EAST, Neue Technologien, wird sich ausführlich mit der Funktionsfähigkeit und der Zukunftsfähigkeit keramischer Speicher beschäftigen. Die IKTS-Forscher Matthias Schulz, Roland Weidl und Michael Stelter, der die Forschung dazu leitet, werden das Thema „Keramische Natrium-Batterien als kostengünstige stationäre Stromspeicher mit einheimischer Wertschöpfung“ detailliert betrachten.
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