Das alles lässt sich an einem Haus smart machen. Grafik: innogy

Betriebs­kosten für ein Smart Home abschätzen

von | 5. Juli 2021

Das Münchener IGT – Institut für Gebäu­de­tech­no­logie gibt monatlich Tipps heraus, mit denen Mietern, Verwaltern und TGA-Verant­wort­lichen die Steuerung der Haus­technik leicht gemacht werden soll. Im Juni nun geht es darum, welche Betriebs­kosten ein Smart-​Home-​Betrieb verursacht.

Was kostet der Betrieb von einem Smart Home pro Quadratmeter?

Ein Smarthome-​System besteht aus Kompo­nenten, die dauerhaft betriebs­bereit sein müssen. Was kostet deren Betrieb? Ist der Standby-​Verbrauch dieser Kompo­nenten womöglich höher als das ener­ge­tische Einspar­po­tenzial? D.h. kostet der Betrieb eines „Smart Home“ mehr als er einspart?

Pauschalwert für den Standby-Energiebedarf

Der Ener­gie­bedarf von Smarthome-​Systemen wird über die Sensoren und Aktoren bestimmt, da übli­cher­weise „dezentral“ instal­liert wird. D.h. es kommen bus- oder funk­fähige Sensoren und Aktoren zum Einsatz. Deren ener­ge­tische Betriebs­kosten belaufen sich bei einer „Voll­au­to­mation“ auf ca. 0,50 €/​m² pro Jahr. Diese Zahlen wurden anhand mehrerer Beispiel­pro­jekte mit KNX bzw. EnOcean ermittelt. Inter­es­san­ter­weise sind die Ener­gie­be­darfs­werte für beide Tech­no­logien ähnlich. EnOcean-​Sensoren beziehen die Energie zwar aus der Umwelt, aber dafür ist der Standby-​Energiebedarf von EnOcean-​Aktoren höher als der von KNX-​Aktoren. In der Summe hebt sich das wieder auf.

In diesem Pauschalwert ist der Ener­gie­bedarf von einem Smarthome-​Server enthalten. Aller­dings wird davon ausge­gangen, dass dieser maximal 10 W benötigt. Wenn dies nicht der Fall ist, sollten Sie eine detail­lierte Abschätzung durch­führen (siehe weiter unten).

Zur Ermittlung dieser Werte wurden Kompo­nenten verwendet, die über eine Span­nungs­ver­sorgung betrieben werden (d.h. Anschluss an die 230 V‑Leitung oder an ein Netzteil). Oft kommen bei Smarthome-​Systemen auch batte­rie­be­triebene Sensoren und Aktoren zum Einsatz. Deren Betriebs­kosten sind je nach Typ und Lebens­dauer der Batterien deutlich höher und dafür lässt sich dafür kein Pauschalwert angeben.

Gesamt­kosten abschätzen (grob)

Mit dem oben erwähnten pauschalen Wert lassen sich die ener­ge­ti­schen Betriebs­kosten abschätzen. Wenn Sie diesen Wert mit der Fläche der Immobilie multi­pli­zieren, erhalten Sie die Betriebs­kosten für eine Voll­au­to­mation der ganzen Immobilie, d.h. jeden Raum. Womöglich brauchen Sie aber nicht für alle Räume eine solche Voll­au­to­mation. Womöglich genügen im Bade­zimmer oder in der Küche klas­sische Schalter, während Sie Dimm- und Grup­pen­funk­tionen nur im Wohn- und Esszimmer wünschen. Wenn Sie gefühlt nur 50 % der Immobilie auto­ma­ti­sieren, dürfen Sie die oben ermit­telten Kosten entspre­chend redu­zieren. Gleiches gilt für die Über­legung, wenn Sie zwar Licht- und Verschat­tungs­funk­tionen aber keine Raum­tem­pe­ra­tur­re­gelung benötigen. Wenn Sie nur 50 % der Auto­ma­ti­ons­mög­lich­keiten nutzen, dürfen Sie ebenso die oben ermit­telten Kosten halbieren. Das lässt sich auch kombi­nieren: Wenn man nur 50 % der Räume mit 50 % der möglichen Funk­tionen ausstattet, redu­zieren sich die Kosten auf 25 % im Vergleich zur Vollautomation.

Gesamt­kosten abschätzen (detail­liert)

Eine genauere Abschätzung der Ener­gie­kosten lässt sich über die Anzahl der Sensoren, Aktoren und des Servers ermitteln. Zählen Sie dazu die Anzahl der benö­tigten Kompo­nenten (Sensoren oder Aktoren). Eine KNX-​Komponente benötigt eine Standby-​Leistung von ca. 0,250,5 W (also gemittelt ca. 0,38 W). Bei EnOcean nutzen die Sensoren übli­cher­weise „Energy Harve­sting“ und beziehen ihre Betriebs­en­ergie aus der Umwelt. Die Aktoren hingegen benötigen meist ca. 0,750,9 W (also gemittelt ca. 0,83 W).

Multi­pli­zieren Sie die Anzahl Ihrer Kompo­nenten mit dem jewei­ligen pauschalen Wert für die Leistung. Addieren Sie dazu die Standby-​Leistung des Servers oder Controllers, sofern Sie einen nutzen. Sie erhalten damit die permanent benötigte Standby-​Leistung in W (Watt). Multi­pli­zieren Sie diese Leistung mit 8.760 Stunden (so viele Stunden hat ein Jahr) und teilen Sie den Wert durch 1.000. Sie erhalten damit den jähr­lichen Ener­gie­bedarf in kWh. Diesen multi­pli­zieren Sie mit den Ener­gie­kosten für Strom
(z.B. € 0,30/kWh) und Sie erhalten die Jahres­kosten in Euro.

Ener­ge­ti­sches Einspar­po­tenzial im Wohngebäude

Auf der Webseite https://​www​.igt​-institut​.de/​b​i​e​r​d​e​c​k​e​l​-​w​o​h​n​g​e​b​aeude/ finden Sie Eckwerte zur Bestimmung des Einspar­po­ten­zials im Wohn­ge­bäude. Dabei wird in das Einspar­po­tenzial für Heizung und das für Strom unter­teilt. Auf dieser Webseite ist auch exem­pla­risch das Einspar­po­tenzial für eine Wohnung mit 230 m² ermittelt und beläuft sich auf € 518,62 pro Jahr.

Wenn man für diese Immobilie die ener­ge­ti­schen Betriebs­kosten mit 0,50 €/​m² ansetzt, erhält man Betriebs­kosten von Euro € 115,00 pro Jahr. Es ist also schnell ersichtlich, dass ein Smarthome-​System in Summe mehr Energie „spart“ als es verbraucht.

Mehr dazu hier auf Seiten des IGT.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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