OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Innen­dämmung – Mehr Vor- als Nachteile

von | 1. Juli 2015

Vorur­teile gegenüber der Innen­dämmung sollten der Vergan­genheit angehören. Denn in vielen Fällen ist die Innen­dämmung die Ener­gie­spar­maß­nahme der Wahl. Von Aribert Peter, Bund der Energieverbraucher

Was würden Sie sagen, wenn es eine Möglichkeit der Wärme­dämmung gibt, die weniger als eine übliche Dämmung kostet, ohne Gerüst und neuen Außenputz montiert werden kann und das auch noch im Selbstbau ohne optische Verän­derung der Haus­fassade? Sie würden viel­leicht ausrufen: Sofort her damit! Warum hat uns das noch keiner gesagt? Sie haben richtig geraten: Die Rede ist von der Innendämmung.

So deutlich die Vorteile der Innen­dämmung sind, so ausge­prägt sind auch die Vorur­teile gegenüber der Innen­dämmung. Das hat seine Gründe und auch seine Geschichte. Innen­dämmung gab es schon im 19. Jahr­hundert. Zwischen 1920 und 1975 war Innen­dämmung die gebräuch­liche und übliche Art der Wärme­dämmung. Mit der Ener­gie­krise trat sie jedoch mit dem Siegeszug der Außen­dämmung in den Hintergrund.

Innen­däm­mungen werden verputzt ausge­führt oder erhalten eine luft­dichte Deck­schicht durch verspach­telte Leicht­bau­platten. Wichtig ist, damals wie heute, den konvek­tiven Feuch­te­transport hinter den Platten zu vermeiden. Schäden bei sach­ge­rechter Ausführung sind in der Literatur nicht doku­men­tiert. Auch in Frank­reich war und ist die Innen­dämmung mit luft­dichtem Abschluss gängige Praxis.

Feuch­te­schäden empirisch unbewiesen

Die Innen­dämmung geriet in Verruf wegen angeb­licher Feuch­te­schäden, weil die feuchte und warme Innen­raumluft hinter der Innen­dämmung konden­siere und zu Schimmel sowie weiteren Schäden führe. Einen empi­ri­schen Beweis für solche Feuch­te­schäden hat es nie gegeben. „Vielmehr wurden die geschichtlich positiven Erfah­rungen der Innen­dämmung in der Fachwelt nie zur Kenntnis genommen“, schreibt Werner Eicke-​Hennig von der Hessi­schen Ener­gie­spar­aktion. Er zitiert zahl­reiche empi­rische Unter­su­chungen, die mitnichten feuchte Wände hinter der Innen­dämmung vorge­funden hatten.

Das Forschungs­in­stitut für Wärme­schutz, München unter­suchte 1984 ausge­führte Innen­däm­mungen und stellte fest: „Bauaus­füh­rungen mit Innen­däm­mungen, die die Kriterien der DIN 4108 Teil 3 nicht erfüllen, haben sich jedoch nach bekannt gewor­denen Erfah­rungen ohne jegliche Schäden bewährt.“ Die Prüfung von neun Gebäuden mit neun bis dreizehn Jahre alten drei cm dicken Innen­däm­mungen, mit und ohne Dampf­sperren, zeigten keinerlei Feuch­te­schäden. „Der masse­be­zogene Feuch­te­gehalt der Mine­ral­fa­ser­dämm­stoffe lag mit 0,40,9 Prozent unter dem prak­ti­schen Feuch­te­gehalt von 1,5 Prozent.“ Alle Dämm­stoffe wurden somit trocken angetroffen.

Etwas Physik dazu: Durch eine Innen­dämmung wird die ganze Außenwand kälter. Das beheizte Haus endet hinter der Dämmung. Die Tempe­ratur in der Ebene zwischen Innen­dämmung und Außenwand unter­schreitet zeit­weilig sogar den Taupunkt. Wenn warme und feuchte Luft aus dem Wohnraum hinter die Dämmung gelangt, dann konden­siert der in der Luft enthaltene Wasser­dampf dort und schlägt sich als Feuch­tigkeit nieder.

Die Betonwand (grau) ist 16 Zenti­meter dick, und die Innen­dämmung (gelb) wurde mit einer acht Zenti­meter dicken Calci­um­si­li­kat­platte gemacht. Die Mauer bleibt hier sehr kalt, aber die gedämmte Ober­fläche ist trotzdem relativ warm. Der resul­tie­rende U‑Wert ist 0,63 W/​m2K: viel schlechter als mit einer viel dickeren Außen­dämmung, aber immerhin erheblich besser als die unge­dämmte Wand (0,92 W/​m2K). Quelle: www​.energie​-lexikon​.info

Mangel­hafte Rechenverfahren

Die in den fünfziger Jahren durch­ge­führten Rech­nungen zur Wasser­dampf­dif­fusion führten zu Ergeb­nissen, die mit der Wirk­lichkeit nichts zu tun haben. Das soge­nannte Glaser­ver­fahren fand 1981 sogar Eingang in die einschlägige Norm DIN 41083. Dieses Verfahren errechnet unrea­lis­tisch hohe Tauwas­ser­mengen, weil die damals noch einfachen Rechner und Programme zu groben Verein­fa­chungen zwangen, zum Beispiel konstante Winter­tem­pe­ra­turen von minus zehn Grad über zwei Monate bei keinem Feuch­te­transport in der Wand aufgrund statio­närer Betrach­tungen. Die Innen­dämmung wurde folglich als unzu­lässig abgelehnt. „Man verwies auf Probleme durch mögliche Fehl­stellen in der Dampf­sperre, ohne zu beachten, dass durch kleine Löcher kaum Wasser­dampf diffun­diert. Selbst dampf­dichte Bleche mit 200 Löchern pro Quadrat­meter haben noch einen Wert über 300. Es gibt auch keine Luft­strömung durch Fehl­stellen, wenn die Dämmung direkt auf der Wand sitzt. Der kleine Markt für die Innen­dämmung brach in Folge dieser Verwir­rungen in den achtziger Jahren zusammen“ so der Bauphy­siker Eicke-​Hennig. Die großen Hersteller zogen ihre Innen­dämm­systeme sogar vom Markt.

Umdenken der Branche

Ein Umdenken der Branche begann im Jahr 2011 nach dem ersten inter­na­tio­nalen Innen­dämm­kon­gress in Dresden. Neue Rechen­ver­fahren (WUFI/​Delphin) und Mate­rialien waren verfügbar. Seither gibt es eine Renais­sance der Innen­dämmung. Die neue und positive Bewertung der Innen­dämmung hat sich aber noch nicht überall herum­ge­sprochen. Das baumys­tisch begründete Unbehagen sitzt tief, weil es über Jahr­zehnte zum Stan­dard­wissen aller Experten gehörte.

Es gibt drei unter­schied­liche Systeme der Innen­raum­dämmung, die unter­schiedlich mit der uner­wünschten Feuch­tigkeit umgehen:

  • kapil­laraktiv und diffu­si­ons­offen (Kondensat tole­rierend), z.B. Mineraldämmplatten 
  • dampf­bremsend (Kondensat begrenzend), z.B. Systeme mit einer Dampfbremsfolie 
  • dampf­dicht (Kondensat verhin­dernd), z.B. Schaumglasdämmung 

Bei allen Systemen versucht man auf jeden Fall, Hohlräume zwischen Innen­dämmung und Außenwand zu vermeiden: Zum Beispiel durch sorg­fältige voll­flä­chige Verklebung der Dämm­platten auf der Außenwand, man spricht von „schwim­mender“ Verle­gungs­technik. Dabei ist es wichtig, dass genügend Kleber flächig aufge­tragen wird und die Platten passgenau zuge­schnitten werden.

Werden die Dämm­platten nicht genau zuge­schnitten, bilden sich in Außen­ecken Hohlräume, die unbedingt zu vermeiden sind. …

Problem­punkt Wärmebrücken

Wo warme Innen­wände und Decken an die kalte Außenwand stoßen, kühlen die Innen­wände und Decken unver­meidlich aus. Wenn die Zimmer­decken oder Wände im Bereich der Außenwand stark auskühlen, dann konden­siert genau an diesen Stellen die Innen­raumluft. Zudem wirken diese Kälte­brücken im Raum wie Kühl­rippen und vermindern die Dämm­wirkung der Innen­dämmung. Deshalb müssen insbe­sondere Beton­wände und Decken zusätzlich dort gedämmt werden, wo sie an die Außen­wände stoßen. Eine gewisse Dämmung von Innen­wänden und Decken stellt bereits die Wärme­dämm­schicht selbst dar, insbe­sondere wenn sie typi­scher­weise rund acht Zenti­meter dick ist. Eine zusätz­liche soge­nannte Flan­ken­dämmung ist wahlweise klein­förmig 30 bis 40 Zenti­meter breit und wird auf den Innenputz aufge­klebt oder der Innenputz wird abge­schlagen und eine dünne Dämm­platte einge­bettet. Die Anbieter bieten hierfür System­lö­sungen an. …

Vorteile der Innendämmung

  • Es ist kein Gerüst erforderlich. 
  • Die Außen­fassade bleibt unver­ändert, daher besonders für denk­mal­ge­schützte Häuser geeignet. 
  • Kann von geschickten Heim­werkern selbst ausge­führt werden. 
  • Kann nach und nach Raum für Raum durch­ge­führt werden. 
  • Die reinen Ma teri­al­kosten sind im Allge­meinen geringer als bei der Außendämmung. 
  • Bei Eigen­tü­mer­ge­mein­schaften auch ohne Zustimmung der anderen Eigen­tümer durchführbar. 
  • Mit vorher­ge­hender oder nach­fol­gender Außen­dämmung kombinierbar. 
  • Höhere Behag­lichkeit durch höhere Ober­flä­chen­tem­pe­ra­turen der gedämmten Außenwände. 
  • Keine bauauf­sicht­liche Zulassung notwendig. 
  • Das Haus muss von außen nicht zugänglich sein. 
  • Hohe Heiz­kos­ten­ein­sparung.
  • Es handelt sich um eine Moder­ni­sie­rungs­maß­nahme zur Ener­gie­ein­sparung und die Kosten können deshalb auf die Mieter mit 11 Prozent jährlich umgelegt werden. 

Geschrieben von Dr. Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes der Ener­gie­ver­braucher.

Der Bund der Ener­gie­ver­braucher ist ein gemein­nüt­ziger Verein, in dem sich bundesweit rund 12.000 Privat­ver­braucher und Firmen zur gegen­sei­tigen Unter­stützung zusam­men­ge­schlossen haben. Er infor­miert, unter­stützt und schützt seine Mitglieder. Der Verein wurde 1987 gegründet und finan­ziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge.

Wir bedanken uns für fach­lichen Input bei: Werner Eicke-​Hennig, Hessische Ener­gie­spar­aktion und Heiko Riggert, Leiter des AK-​Innendämmung im Fach­verband Wärmedämm-​Verbundsysteme. Die inhalt­liche Verant­wortung liegt beim Autor.

Erschienen auf ener​gie​ver​braucher​.de – der Website des Bundes der Ener­gie­ver­braucher.

Der Original-​Beitrag „Innen­dämmung: die bessere Art zu dämmen?!“ ist hier zu lesen.

Vorschaubild: Möglichkeit einer Innen­dämmung mit Stein­wolle und Leichtg­bau­platte. Foto: RaBoe /​Wikimedia /​Lizenz unter CC-BY-SA3.0

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...

„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...

Smart Meter Rollout: Noch rollt wenig

Smart Meter Rollout: Noch rollt wenig

Der Smart Meter Rollout soll helfen Strom zu sparen und Lasten zu kappen. Das könnte Mietern und Verwaltern deutliche finanzielle Vorteile bringen. Doch der Ausbau geht nur schleppend voran. Zudem wären bei einer Einbindung der Wärmeversorgung in den Rollout die...