Voaussetzung für energieeffiziente und automatisierte Haustechniksteuerung: intelligente Verbrauchszähler. Foto: pixabay

Smart Meter: sinnvoll oder nutzlos?

von | 14. Januar 2016

Ab 2017 sollen intel­li­gente Strom­zähler soge­nannte „Smart Meter” in Deutschland Pflicht werden. Erhofftes Ziel davon ist eine bedarfs­ge­rechte Steuerung des Strom­netzes. Diese Umstruk­tu­rierung trifft unter Verbrau­chern auch vermehrt auf Kritik. Haus XXL hat sich dies­be­züglich im Dezember 2015 mit zwei Experten unter­halten. Prof. Dr.-Ing. Ulrich Greveler ist Professor für ange­wandte Infor­matik an der Fakultät Kommu­ni­kation und Umwelt der Hoch­schule Rhein-​Waal und Dr. Micheal Schmidt. Er ist Geschäfts­führer der RWE Metering GmbH. 

Gast­beitrag von Haus XXL

Erklärt: Was bedeutet „Smart-​Meter“ für den Laien 

Für viele Verbraucher ist das Thema Smart Meter nach wie vor eine eher unbe­kannte Größe. Daher stellte Haus XXL eingangs die Frage, wie Sie Laien Smart-​Meter und deren Vorteile am besten erklären würden. 

Michael Schmidt berichtet, dass die Produktion der klas­si­schen Strom­zähler mit Dreh­scheibe zum Ende 2015 einge­stellt wird. Sie werden sukzessive durch elek­tro­nische Zähler ersetzt. „In Verbindung mit einem Gateway, das den Zähler kommu­ni­ka­ti­ons­fähig macht, wird er dann zum Smart Meter, zum intel­li­genten Mess­system.“ Laut dem Gesetz­entwurf zur Digi­ta­li­sierung der Ener­gie­wende ist geplant, Smart Meter erst ab einem jähr­lichen Strom­ver­brauch von 6.000 Kilo­watt­stunden einzu­setzen. Kunden mit gerin­gerem Verbrauch erhalten ebenfalls einen elek­tro­ni­schen Zähler, aller­dings ohne Gateway.

Wesent­licher Vorteil laut Schmidt ist es, dass die intel­li­genten Mess­systeme einen einfa­cheren Blick auf den Ener­gie­ver­brauch ermög­lichen. So werden dem Verbraucher explizit Ener­gie­spar­po­ten­tiale aufge­zeigt. Ein Wunsch, der unter den Kunden verstärkt wahr­ge­nommen wird. 

Ulrich Greveler erklärt: „Smart Meter ermitteln Verbrauchs­mengen und ‑zeiten von Strom, Gas und Wasser und über­mitteln diese Daten an Versorger, Netz­be­treiber oder soge­nannte Messstellenbetreiber.“ 

Nach­ge­schaut: Vorteile auf das Alltags­leben der Verbraucher

Die intel­li­gente Mess­technik bietet laut Schmidt eine Visua­li­sierung des Strom­ver­brauchs. „Die trans­pa­rente Darstellung ermög­licht es zum ersten Mal dem Kunden sich in Echtzeit mit seinem aktuellen Strom­ver­brauch ausein­ander zu setzen – und das sogar vom Sofa in seinem Wohn­zimmer aus.“ Eine Ambition, die noch mehr zum Ener­gie­sparen moti­vieren soll. 

Ulrich Greveler

Michael Schmidt

Laut Ulrich Greveler würden es viele Kunden begrüßen, wenn die obli­ga­to­rische Able­se­vorgang entfällt. Zudem ändert der Einbau der Geräte subjektiv im Alltags­leben des Verbrau­chers nichts. Sie erhalten lediglich die Möglichkeit ihr Verbrauchs­ver­halten bestens zu analy­sieren. Nicht zu vergessen ist jedoch: es handelt sich hier um sensible Daten und die Schutz dieser hat oberste Priorität. 

Rück­schritt in der Libe­ra­li­sierung des Strommarktes?

Der Kabi­netts­entwurf sieht einen Einbau von einem Smart Meter erst ab einem Jahres­strom­ver­brauch von 6.000 Kilo­watt­stunden vor. Für Schmidt bedeutet dies, dass ein Smart Meter auch nur dort eingebaut wird, wo ein hohes Ener­gie­spar­po­tential vorhanden ist. 

Für Greveler hätte bereits in der Vergan­genheit einiges besser laufen können. Die Einführung von Smart Metern wurde als eine Art „Zwang“ unter den Verbrau­chern einge­führt. „Zwänge führen zu einer ableh­nenden Haltung von Smart-​Metering“. So verprelle man sich nur viele Verbraucher. 

Sensibles Thema: Datenerhebung 

Michael Schmidt

Ulrich Greveler

Ein derzeit präsentes Thema ist die Daten­er­hebung. Das Gesetz geht dabei vom Grundsatz der Daten­spar­samkeit aus und erhebt somit nur Daten, die zur Erfüllung der entspre­chenden Aufgaben nötig sind. „Die Anfor­de­rungen an Daten­schutz und ‑sicherheit sind sehr hoch – höher als zum Beispiel beim Home-​Banking“ erzählt Michael Schmidt. 

Ulrich Greveler würde sich eine recht­liche Stärkung der Verbraucher wünschen. Künftige tech­nische Lösungen werden zeigen, inwieweit die Daten­spar­samkeit berück­sichtigt wird. „Und: Sank­tionen sollten nicht fehlen!“ Für Greveler wäre das eine optimale Lösung für alle Betei­ligten. Leider hält sich der Gesetz­geber hier nach wie vor sehr bedeckt. 

Hilfreich nur für die Wirtschaft? 

Abschließend stand die plakative Aussage im Raum „Das Smart-​Meter nutzt nicht dem Verbraucher sondern der Wirt­schaft“. So könnten beispiels­weise Daten über die Fern­seh­nutzung oder die Nutzung anderer elek­tro­ni­scher Geräte für Hersteller von Interesse sein. 

Michael Schmidt räumt jedoch ein: „Vor Rück­schlüssen auf die Lebens­ge­wohn­heiten brauchen Kunden jedoch keine Angst zu haben, so etwas wird es in Deutschland nicht geben.“ Angeblich stellen unter anderem Geset­zes­vor­gaben sicher, dass Daten nur an berech­tigte Person weiter gegeben werden. 

Ulrich Greveler gibt zu, mit dieser Aussage nicht komplett falsch zu liegen. Denn: Wenn die Verbraucher nur zusätz­liche Kosten für Kauf, Instal­lation und Wartung von Smart Metern spüren und keinerlei Vorteile – vor allem finan­zi­eller Art durch Ener­gie­spar­maß­nahmen, ist die Enttäu­schung groß. Gewinner sind dann nur die Hersteller elek­tro­ni­scher Geräte, die mittels Smart Metering Rück­schlüsse über das Nutzer­ver­halten der Verbraucher bekommen. 

Der Praxistest wird es zeigen. Weiterhin wird die Daten­si­cherheit ein Dauer­thema bleiben. 

Das voll­ständige Interview vom 23.12.2015 finden Sie auf haus​-xxl​.de.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

1 Kommentar

  1. jogi54

    1984 lässt Grüßen. Wenn die Möglichkeit besteht, von Ferne diese Daten abzu­greifen, dann sind wir nicht mehr weit davon weg, dass per Gerichts­be­schluss Wohnungen auch über den Strom­ver­brauch überwacht werden können.
    Na ja – mich wahr­scheinlich eher nicht, da mit PV + Stir­ling­mo­tor­heizung (in Planung für 2016) der Strom erzeugt und in sehr großen Batte­rie­anlage (20/​16kWh/​3x5kW WR, >3000kWh/a)gespeichert (Über­schüsse werden einge­speist), und nur noch Gas bezogen wird. Und auch da wird es nichts zu sehen geben, die Wärme wird in einem Puffer­speicher zwischen­ge­lagert. Das führt dann zu ziemlich langen Lauf­zeiten (z.B. 9h Ein, 7h Aus), aus denen z.B. WW Nutzung zeitlich nicht heraus­zu­lesen ist.

    Um den eigenen Verbrauch zu analy­sieren, reicht auch ein einmal gekaufter Zähler, den man entspre­chend intel­ligent macht. Wer eine PV Anlage hat, beschafft sich dafür z.B. nen sma Homemanager.

    Zu mir kommt auch seit Jahren kein Ableser mehr, da ich mindestens vier­tel­jährlich meine Verbrauchs­daten über Netz beim Versorger eintrage.

    Über Ände­rungen an der Anlage und sich daraus erge­benden Ände­rungen des Bezugs infor­miere ich den Versorger zeitnah, z.B. die Isolierung des Hauses, was die Redu­zierung des Gasver­brauchs von 28.000kWh/a auf 9.000kWh/a zur Folge hatte. Ich kann mir schon vorstellen, dass bei einem solchen Einbruch der Liefer­menge jeder Computer Amok läuft.

    Ande­rer­seits kann ich aus der Ferne sehen, wann und wie oft mein Sohn duscht, wann er zu Hause ist, wann an der Uni etc. . Aus Verlaufs­daten kann man sehr viel heraus­lesen… ein smart metering, das über die einmalige Über­tragung des Zähler­stands pro Jahr hinausgeht, macht die meisten Verbraucher zu gläsernen Menschen !!!

    LG jogi54

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