Foto: Urbansky

Ausschrei­bungen: Bürgerwind wird abgewürgt

von | 22. März 2016

Mit dem EEG 2016 qird ab kommenden Jahr auch der Ausbau der Wind­energie an Land über Ausschrei­bungen geregelt. Bürger­en­er­gie­ge­nos­sen­schaften dürften dies kaum bewäl­tigen können, da Finan­zierung, Sicher­heiten und Vorpla­nungen so gut wie ausschließlich nur von profes­sionell aufge­stellten Unter­nehmen bewältigt werden können. 

Das hatte die World Wind Energy Asso­ciation (WWEA) und der Landes­ver­bandes Erneu­erbare Energien NRW (LEE NRW) schon im Januar prophezeit. Beide haben nun eine Studie vorge­stellt, die genau dies bestätigt.

Demnach verzerrten Ausschrei­bungen die derzeit durch die EEG- Umlage ausge­gli­chenen Wett­be­werbs­be­din­gungen zugunsten finanz­starker Akteure. Alle in der Studie befragten Bürgerwind-​Experten bewerten die Umstellung auf Ausschrei­bungen als negativ bis sehr negativ, während die bestehende feste Einspei­se­ver­gütung als zentrales Kriterium für den bishe­rigen Erfolg der Bürger­en­ergie gilt.

Positiver Einfluss der Bürgerenergie

Dabei haben Bürger­wind­pro­jekte aus Sicht der Befragten einen mindest positiven Einfluss auf:

  • Akzeptanz von Erzeugungsanlagen
  • Regionale Wert­schöpfung
  • Erhöhung der Akteursvielfalt
  • Iden­ti­täts­bildung
  • Reali­sierung bestimmter Anlagen nur durch Bürgerenergie
  • Mitbe­stimmung und Transparenz
  • Erhöhung gesell­schaft­lichen Enga­ge­ments im Energiesektor
  • Inte­gration von Bürgern in nach­haltige Wirtschaftsprozesse

Insbe­sondere kleinere bürger­ge­tragene Projekte hätten nun gegenüber großen Projek­tie­rungs­un­ter­nehmen deutliche Nachteile, weil sie durch umfang­reiche finan­zielle Vorleis­tungen erheblich höhere Risiken tragen und Kosten eines eventuell geschei­terten, weil einzigen Projektes nicht auf andere Projekte umlegen können. Inter­na­tionale Erfah­rungen mit Ausschrei­bungen hätten gezeigt, dass deren Umsetzung regel­mäßig auch zu einer hohen Konzen­tration der Markt­ak­teure geführt hat.

Die erwar­teten Einbrüche würden von Erfah­rungen in anderen Ländern bestätigt, die schon vor einiger Zeit auf Ausschrei­bungen umge­stellt haben, so Brasilien, Südafrika oder im kana­di­schen Ontario. Dort würde die Wind­energie von multi­na­tio­nalen Groß­kon­zernen dominiert. In keinem dieser Länder sei unter dem Ausschrei­bungs­modell auch nur ein einziger Bürger­windpark entstanden.

Bis 18 MW ohne Ausschreibung

Derzeit sieht der EEG-​Entwurf vor, nur Projekte, die kleiner als 1 Megawatt sind, von Ausschrei­bungen auszu­nehmen. Dies hätte jedoch für heutige Wind­ener­gie­pro­jekte, bei denen bereits eine einzelne Anlage regel­mäßig 2,5 Megawatt und mehr aufweise, praktisch keine Relevanz. Bürger­en­er­gie­pro­jekte in Höhe von 18 Megawatt sollten grund­sätzlich von Ausschrei­bungen befreit werden. Bekräftigt wird diese Forderung des LEE NRW durch die Aussage der EU-​Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, wonach Ausnah­me­regeln für Wind­ener­gie­pro­jekte bis 18 Megawatt mit den EU-​Beihilfeleitlinien vereinbar seien.


Wer übrigens gerade weltweit die Nase bei der Wind­energie vorn hat, erfahren Sie hier bei meinem Energieblogger-​Kollegen Björn Katz auf strom​aus​kunft​.de.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
Photo­voltaik vom Acker für Anleger

Photo­voltaik vom Acker für Anleger

Die Agri-Photovoltaik könnte kurz davorstehen, vom Pilotprojekt zum Massenmarkt zu werden. Die Kombination aus Landwirtschaft und Solarstromerzeugung nutzt dieselbe Fläche doppelt, eröffnet Landwirten neue Einnahmequellen und lockt Investoren mit stabilen Renditen. In...

Grünes Methanol mit globalem Potenzial

Grünes Methanol mit globalem Potenzial

Grünes Methanol gilt als vielversprechender Kandidat im Rennen um klimaneutrale Energieträger. Es ist flüssig, speicherbar, transportfähig – und kann sowohl aus biogenen Abfällen als auch mithilfe erneuerbarer Energien synthetisiert werden. In Forschung, Industrie und...

Backbone oder Baustelle der Energiewende?

Backbone oder Baustelle der Energiewende?

Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende – überall dort, wo Elektronen an ihre physikalischen oder wirtschaftlichen Grenzen stoßen und Moleküle unverzichtbar werden. Politische Programme sprechen vollmundig von einem Wasserstoffzeitalter. Der...

Wärme­pumpe funk­tio­niert auch im Mehrfamilienhaus

Wärme­pumpe funk­tio­niert auch im Mehrfamilienhaus

Mit dem geplanten Wegfall oder der Abmilderung des Gebäudeenergiegesetzes und der Einführung eines neuen Regelwerks zur Emissionseffizienz deutet sich ein grundlegender Wandel in der Gebäudepolitik der neuen Bundesregierung an. Künftig soll nicht mehr allein die...