Titelbild: Hier darf der Diesel aus Klärschlamm schon verwendet werden: 6-Zylinder-V-Schiffsmotor von Deutz. Foto: Frila / Wikimedia

Aus Klär­schlamm Gold – oder zumindest Diesel machen

von | 28. August 2014

Aus Mist Gold machen ist ein lang­ge­hegter Traum. Wenn es nicht Gold ist, sondern, sagen wir, ein Kraft­stoff wie Diesel, ist das chemisch-​physikalisch möglich und nennt sich Biomass to Liquid (BtL).

Versuche, dies auch wirt­schaftlich zu stemmen, gab es schon viele. Der bekann­teste war der des Unter­nehmens Choren im säch­si­schen Freiberg. Hier sollten insbe­sondere Holz und Stroh zu Sun-​Diesel verar­beitet werden. Eine Versuchs­anlage funk­tio­nierte problemlos. Shell und Daimler steigen mit ein, sogar Volks­wagen war kurz­zeitig mit von der Partie. Doch die indus­trielle Groß­pro­duktion, immerhin von Bundes­kanz­lerin Angela Merkel persönlich einge­weiht, schei­terte. Choren ging pleite – unter anderem mit dem Verlust von gut 35 Millionen Euro allein an Fördergeldern.

Nun macht sich erneut ein Unter­nehmen auf, um Diesel künstlich herzu­stellen. Die TPT Tech­nology GmbH aus dem west­fä­li­schen Bünde will dazu Klär­schlamm, Gärreste und jede Art Abfälle aus der Land­wirt­schaft nutzen. Als Vorbild dient das von verschie­denen Wissen­schaftlern seit 2001 entwi­ckelte TPT-​Verfahren.

TPT steht dabei für thermisch-​physikalische Trans­for­mation und unter­scheidet sich von der Choren-​Synthese, die letztlich aus einer Biomasse-​Vergasung mit anschlie­ßender Fischer-​Tropsch-​Synthese bestand. Die Westfalen hingegen kochen bei 370 °C Biomasse in Öl auf und vergasen diese so. Je nach dem Prozess der Abkühlung entstehen danach unter­schied­liche Kohlen­was­ser­stoff­ketten. Dabei wird nur ein Schritt bis zur Gewinnung des „Rohöls“ benötigt. Das zweite Beiprodukt ist lediglich Wasser. Die Fischer-​Tropsch-​Synthese, die sich bisher nirgends wirt­schaftlich rechnete, bleibt komplett außen vor. Wahlweise kann so eben Diesel entstehen oder ein anderer Kohlenwasserstoff.

Paten­tiert wurde es bereits 2006. 2008 entstand eine erste Versuchs­anlage, die problemlos lief und 1.000 Kilogramm Biomasse pro Stunde verar­beiten konnte. 2010 erfolgte eine Erweiterung.

Da eine Entschwe­felung fehlte, konnte der herge­stellte Treib­stoff nicht verkauft werden. Schluss­endlich wurde die Anlage demon­tiert, nicht jedoch, um in der Motten­koste vor sich hin zu stauben. Denn sie bildet heute den Kern der neuen Anlage. Die nahm inzwi­schen wieder die Produktion auf. Der entste­hende Treib­stoff konnte immerhin als Schiffs­diesel vermarktet werden. An eine Entschwe­felung ist jedoch gedacht, mit der die Norm von 1000 ppm Schwefel für Schiffs­diesel ab 2015 einge­halten werden kann.

Doch dabei soll es nicht bleiben. Die Idee der BtLer geht deutlich über die eine Anlage hinaus. „Um die Bevöl­kerung an unserer Entwicklung profi­tieren zu lassen wollen wir zu jedem Produk­ti­ons­standort eine Genos­sen­schaft gründen“, so Knut Nolting, der mit der Firma RS Biotech GmbH die Vermarktung leitet. Dabei soll jeder Genosse seine Gewinn­aus­schüttung in Form von Diesel erhalten und könnte für 20 Cent tanken. Wie die steu­er­liche Gestaltung beim Eigen­ver­brauch ist, wird derzeit geklärt. Die Anlage, von denen jede einzelnen 5 Millionen Euro kostet, würde sich den Berech­nungen nach dennoch amortisieren.

Geplant sind nach dem bestehenden Vorbild Anlagen, die 10 .000 Tonnen Biomasse von Land­wirt­schafts­be­trieben oder biogasanlagen-​Betreibern im Jahr verar­beiten können. Daraus entstünden den Berech­nungen nach 4 Millionen Liter Diesel und Kohle. Der Diesel hat dabei, im Gegensatz zu Biodiesel aus Rapsöl, eher Ähnlichkeit mit mine­ra­li­schem Diesel und ist deswegen weniger anfällig gegenüber Licht oder Bakte­ri­en­befall. Derzeit ist die Firma in der Lage, zwei Anlagen pro Jahr zu bauen.

Wer BtL-​Diesel-​Genossenschafter werden will, meldet sich einfach bei Knut Nolting: kn@​rundsbiotech.​de

Titelbild: Hier darf der Diesel aus Klär­schlamm schon verwendet werden: 6‑Zylinder-​V-​Schiffsmotor von Deutz. Foto: Frila /​Wikimedia unter Lizenz CC BY-​SA 3.0

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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