Heizöl-Kraftwerk auf Madeira westlich von Funchal. Foto: Urbansky

Wie die Traum­insel Madeira ihren Strom erzeugt

von | 13. November 2014

Ein Energie­blogger hat nie Urlaub, nicht mal auf Madeira. Ganz so schlimm ist es zwar nicht, aber dennoch ist es inter­essant, wie der „Blumentopf im Atlantik“ seine Energie erzeugt. Immerhin liegt die afri­ka­nische Küste gut 600 km entfernt, das euro­päische Festland mit Mutterland Portugal gar rund 1000 km. Leitungs­ge­bundene Energien machen da wenig Sinn.

Die Risco-Wasserfälle, eine der ergiebigen Quellen für Wasserkraft auf Madeira. Foto: Urbansky

Die Risco-​Wasserfälle, eine der ergie­bigen Quellen für Wasser­kraft auf Madeira. Foto: Urbansky

Wer schon mal auf Madeira war, wird von der Topo­grafie über­rascht sein. Vom Strand auf 0 Meter über Normal Null sind es bis ins Insel­innere auf gut 1.800 Metern gerade mal 5 Kilometer. Das entspricht einem Gefälle von knapp 30 Prozent. Da Madeira mitten im Atlantik und im Einfluss des Nord­ost­passats liegt, verfügt es auch über genügend Nieder­schlag. Regen und Gefälle lassen auf Wasser­kraft schließen. Tatsächlich betreibt der einhei­mische Ener­gie­er­zeuger EEM 9 Wasser­kraft­werke, die rund um die Insel verteilt sind. Aller­dings tragen sie nur zu rund 13 Prozent zur Strom­erzeugung der Insel bei.

Nord­ost­passat hört sich nach Wind an. Und tatsächlich weht der hier regel­mäßig. Aller­dings kann man aufgrund der steilen Berge und des gene­rellen Hoch­ge­birgs­cha­rakters auf Madeira nicht überall Windräder hin bauen. Die stehen auf der einzigen Hochebene der Insel, auf der Paul da Serra in über 1000 Metern Höhe. Immerhin tragen sie zu 8 Prozent zur elek­tri­schen Ener­gie­er­zeugung bei. Eine weitere, aber weitaus geringere Rolle spielen Müll­ver­brennung und Photovoltaik.

Doch der übergroße Anteil des Stroms wird mit Heizöl erzeugt, das via Tank­schiffe auf die Insel­kommt. Ein Kraftwerk von EEM westlich der Insel­haupt­stadt von Funchal und privates nahe der ehema­ligen Walfän­ger­hochburg Canical steuern so 73,1 Prozent des auf Madeira benö­tigten Stroms bei. Wenig über­ra­schend bei der hohen Ener­gie­dichte sowie seiner guten Lager- und Transportfähigkeit.

Auf Madeira muss übrigens niemand mit Heizöl heizen. Selbst im Januar wird es tagsüber nie kühler als 19 °C. Und im Hoch­ge­birge wissen sich die Bewohner mit Holzöfen zu helfen.

Pipelinestrang auf über 1000 Meter Höhe für einWasserkraftwerk. Foto: Urbansky

Pipe­line­strang auf über 1000 Meter Höhe für einWas­ser­kraftwerk. Foto: Urbansky

Eher über­ra­schend ist jedoch der geringe Anteil der Wasser­kraft, obwohl das Wasser Madeira prägt. Schließlich ziehen sich vom Insel­in­neren die Levadas, also Bewäs­se­rungs­gräben, durch die ganze Insel und sorgen vor allem im regen­armen Süden für ausrei­chend Wasser. Diese werden jedoch für die Ener­gie­er­zeugung überhaupt nicht genutzt, da ihr Gefälle zum Gene­ra­to­ren­an­trieb offen­sichtlich nicht ausreicht. Das ist wenigen, extra ange­legten Leitungs­strängen vorbe­halten, die mit deutlich größerem Gefälle direkt aus den Hoch­ge­birgen zu den deutlich tiefer gelegenen Gene­ra­toren in Küstennähe führen.

Vorschaubild: Heizöl-​Kraftwerk auf Madeira westlich von Funchal. Foto: Urbansky

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

2 Kommentare

  1. Paul

    Wow, wirklich inter­essant die Zahlen zur Strom­erzeugung auf Madeira. Auch ich hätte gedacht das aufgrund von Regen und dem Gefälle verstärkt auf Wasser­kraft gesetzt wird.…. VG!

    • Frank Urbansky

      Ja, Paul, das hätte ich ursprünglich auch ange­nommen. Letztlich ist wohl auch auf den Hoch­ebenen zu wenig Platz für Wasser­speicher. Was hingegen gut ginge, wäre – weil ewiger Sommer – Solarenergie.

EnWiPo
EnWiPo
Fluss­wärme als weiterer Baustein für die Energiewende

Fluss­wärme als weiterer Baustein für die Energiewende

Die Umgebungswärme von Fließgewässern wird hierzulande noch kaum genutzt. Eine Studie hat nun allein für Bayern erstaunliche Potenziale aufgedeckt. Eine Nutzung der Wärme hätte auch einen positiven ökologischen Effekt durch die Abkühlung der Flüsse. In Bayern könnten...

Fluss­wärme als weiterer Baustein für die Energiewende

Fluss­wärme als weiterer Baustein für die Energiewende

Die Umgebungswärme von Fließgewässern wird hierzulande noch kaum genutzt. Eine Studie hat nun allein für Bayern erstaunliche Potenziale aufgedeckt. Eine Nutzung der Wärme hätte auch einen positiven ökologischen Effekt durch die Abkühlung der Flüsse. In Bayern könnten...

„Heizungs­in­ves­tition – kümmert euch jetzt!”

Heizungs­in­ves­tition – kümmert euch jetzt!”

Interview mit Sebastian Herkel, Fraunhofer ISE, Abteilungsleiter energieeffiziente Gebäude. Immobilienwirtschaft: Wie sehen Sie das aktuelle Regelwerk in Bezug auf mehr Effizienz in Immobilien? Sebastian Herkel: Letztes Jahr haben wir ein ziemlich komplexes Regelwerk...