Eine strategische Erdgasreserve, wie es der Bund für Rohöl und Mineralölprodukte für rund 90 Tage mit dem Erdölbevorratungsverband (EBV) vorhält, wird es beim Erdgas nicht geben.
Das heute veröffentliche Eckpunktpapier des von Sigmar Gabriel geführten Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) setzt auf marktnahe und nicht auf administrative Lösungen. Beide Lösungsansätze betreffen den Regelenergiemarkt für Erdgas:
- Bisherige Vorsorgeprodukte, die ein zu knappes Volumen des Regelenergiemarktes verhindern sollen, sollen nach Willen des BMWi ausgeweitet werden.
- Großabnehmer aus der Industrie sollen wohl in Anlehnung an die Abschaltbaren Lasten, am Regelenergiemarkt teilnehmen, wohl, in diesem sie einen Ausgleich kassieren,w enn sie ihren Gasbezug bei Engpasssituationen stoppen.
Zur Notwendigkeit der 1. Lösung heißt es:
Trotz der hohen Liquidität ist in diesem kurzfristigen Regelenergiemarkt allerdings nicht sichergestellt, dass Anbieter zu jeder Zeit und während außergewöhnlichen Engpasssituationen Angebote einstellen, welche den Regelenergiebedarf vollständig decken können.
Sprich: Die Versorgungssicherheit ist zwar hoch, aber sicher ist sicher. Aufgebaut sind diese Produkte wie folgt
- Zahlung einer Vorhalteprämie (Leistungspreise) und zugehöriger Arbeitspreise
- Gasmengen müssen uneingeschränkt zur Verfügung stehen
- Dargestellt wird dies durch verschiedene Flexibilitätsquellen wie Gasspeicher oder inländische Lieferverträge. Dabei werden die vertraglich fixierte Leistungskapazität und entsprechende Erdgasmengen für mögliche Abrufe gesichert vorgehalten und nicht etwa für reguläre Lieferzwecke genutzt.
Im kommenden Jahr will das BMWi dazu mit den Marktgebietsverantwortlichen (MGV) und der Bundesnetzagentur mögliche regionale Extremszenarien, etwa extreme Kälte zum Ende des Winters bei simultan auftretenden niedrigen Speicherfüllständen, durchspielen Die MGV sollen daraus für sich die nötigen Mengen für die Reserve ableiten.
Zur 2. Lösung, dem freiwilligen Abschalten von Industriebetrieben aus dem Gasnetz, heißt es:
Dieses Potential für Demand Side Management ist bei weitem noch nicht vollständig erschlossen und kann vor dem Hintergrund des beachtlichen Anteils der Industrie am Gesamterdgasverbrauch speziell in außergewöhnlichen Engpasssituationen einen erheblichen Beitrag zur Erdgas-Versorgungssicherheit leisten.
Ein Großteil der Industriekunden kann jedoch derzeit die Anforderungen der langfristigen Regelenergieprodukte derzeit nicht erfüllen. Die Einführung eines passgenauen langfristigen Regelenergieproduktes ohne Vorhalteprämien, das die Teilnahme von Industrieunternehmen und ihren Erdgaslieferanten am Regelenergiemarkt erleichtert und nur im Falle eines Einsatzes vergütet werden muss, ist aus Sicht des BMWi daher sinnvoll.
Folgende Paramter soll dieses Produkt enthalten
- Kontrahierungszeitraum
- Abruf-Vorlaufzeit
- Vorhaltedauer
- maximaler Abrufdauer
- Abrufhäufigkeit
Es soll in einem marktbasierten, transparenten und nicht-diskriminierenden öffentlichen Ausschreibungsverfahren entwickelt werden. Diese Lösung soll spätestens zum nächsten Winter 2016/2017 marktreif sein.
Die Marktnähe des Eckpunktpapiers wird vom Branchenverband BEDW nur bedingt begüßt. Er würde gern sein eigenes Reservemodell mit der systemnaher Flexibilitätsreserve und Speicherkontrahierungen bei den Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) berücksichtigt sehen. Doch die Leitungsbetreiber sind bisher vollkommen außen vor. Das sieht auch der Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne) kritisch, auch wenn er separate Reserven bei den 17 FNBs, die der BDEW anregt, kritisch sieht: „Bei der Weiterentwicklung der genannten Rahmenbedingungen sollten jedoch die Fernleitungsnetzbetreiber nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Denn die Überwindung lokaler Transportengpässe mindert die Störungsanfälligkeit des deutschen Gasversorgungsystems. Außerdem verringert sie auch den Aufwand für die Regelenergiebeschaffung und damit die Kostenbelastung für die Verbraucher.“
Vorschaubild: Gasspeicher, hier in Etzel, sind das Rückgrat jeder Erdgasversorgung in Extremsituationen. Foto: Gazprom Germania
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