Erdgas, hier ein Gasspeicher in Etzel, ist der Gewinner der Halbjahres-Enrgiebilanz. Foto: Gazprom Germania

Gasre­serve: Gabriel will marktnahe Lösung

von | 17. Dezember 2015

Eine stra­te­gische Erdgas­re­serve, wie es der Bund für Rohöl und Mine­ral­öl­pro­dukte für rund 90 Tage mit dem Erdöl­be­vor­ra­tungs­verband (EBV) vorhält, wird es beim Erdgas nicht geben. 

Das heute veröf­fent­liche Eckpunkt­papier des von Sigmar Gabriel geführten Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­riums (BMWi) setzt auf marktnahe und nicht auf admi­nis­trative Lösungen. Beide Lösungs­an­sätze betreffen den Regel­en­er­gie­markt für Erdgas:

  1. Bisherige Vorsor­ge­pro­dukte, die ein zu knappes Volumen des Regel­en­er­gie­marktes verhindern sollen, sollen nach Willen des BMWi ausge­weitet werden. 
  2. Groß­ab­nehmer aus der Industrie sollen wohl in Anlehnung an die Abschalt­baren Lasten, am Regel­en­er­gie­markt teil­nehmen, wohl, in diesem sie einen Ausgleich kassieren,w enn sie ihren Gasbezug bei Engpass­si­tua­tionen stoppen.

Zur Notwen­digkeit der 1. Lösung heißt es: 

Trotz der hohen Liqui­dität ist in diesem kurz­fris­tigen Regel­en­er­gie­markt aller­dings nicht sicher­ge­stellt, dass Anbieter zu jeder Zeit und während außer­ge­wöhn­lichen Engpass­si­tua­tionen Angebote einstellen, welche den Regel­en­er­gie­bedarf voll­ständig decken können. 

Sprich: Die Versor­gungs­si­cherheit ist zwar hoch, aber sicher ist sicher. Aufgebaut sind diese Produkte wie folgt

  • Zahlung einer Vorhal­te­prämie (Leis­tungs­preise) und zuge­hö­riger Arbeitspreise 
  • Gasmengen müssen unein­ge­schränkt zur Verfügung stehen
  • Darge­stellt wird dies durch verschiedene Flexi­bi­li­täts­quellen wie Gasspeicher oder inlän­dische Liefer­ver­träge. Dabei werden die vertraglich fixierte Leis­tungs­ka­pa­zität und entspre­chende Erdgas­mengen für mögliche Abrufe gesichert vorge­halten und nicht etwa für reguläre Liefer­zwecke genutzt.

Im kommenden Jahr will das BMWi dazu mit den Markt­ge­biets­ver­ant­wort­lichen (MGV) und der Bundes­netz­agentur mögliche regionale Extrem­sze­narien, etwa extreme Kälte zum Ende des Winters bei simultan auftre­tenden niedrigen Spei­cher­füll­ständen, durch­spielen Die MGV sollen daraus für sich die nötigen Mengen für die Reserve ableiten.

Zur 2. Lösung, dem frei­wil­ligen Abschalten von Indus­trie­be­trieben aus dem Gasnetz, heißt es:

Dieses Potential für Demand Side Management ist bei weitem noch nicht voll­ständig erschlossen und kann vor dem Hinter­grund des beacht­lichen Anteils der Industrie am Gesamt­erd­gas­ver­brauch speziell in außer­ge­wöhn­lichen Engpass­si­tua­tionen einen erheb­lichen Beitrag zur Erdgas-​Versorgungssicherheit leisten.

Ein Großteil der Indus­trie­kunden kann jedoch derzeit die Anfor­de­rungen der lang­fris­tigen Regel­en­er­gie­pro­dukte derzeit nicht erfüllen. Die Einführung eines pass­ge­nauen lang­fris­tigen Regel­en­er­gie­pro­duktes ohne Vorhal­te­prämien, das die Teilnahme von Indus­trie­un­ter­nehmen und ihren Erdgas­lie­fe­ranten am Regel­en­er­gie­markt erleichtert und nur im Falle eines Einsatzes vergütet werden muss, ist aus Sicht des BMWi daher sinnvoll. 

Folgende Paramter soll dieses Produkt enthalten

  • Kontra­hie­rungs­zeitraum
  • Abruf-​Vorlaufzeit
  • Vorhal­te­dauer
  • maximaler Abruf­dauer
  • Abruf­häu­figkeit

Es soll in einem markt­ba­sierten, trans­pa­renten und nicht-​diskriminierenden öffent­lichen Ausschrei­bungs­ver­fahren entwi­ckelt werden. Diese Lösung soll spätestens zum nächsten Winter 2016/​2017 marktreif sein.

Die Marktnähe des Eckpunkt­pa­piers wird vom Bran­chen­verband BEDW nur bedingt begüßt. Er würde gern sein eigenes Reser­ve­modell mit der system­naher Flexi­bi­li­täts­re­serve und Spei­cher­kon­tra­hie­rungen bei den Fern­lei­tungs­netz­be­treibern (FNB) berück­sichtigt sehen. Doch die Leitungs­be­treiber sind bisher voll­kommen außen vor. Das sieht auch der Bundes­ver­bandes Neue Ener­gie­wirt­schaft (bne) kritisch, auch wenn er separate Reserven bei den 17 FNBs, die der BDEW anregt, kritisch sieht: „Bei der Weiter­ent­wicklung der genannten Rahmen­be­din­gungen sollten jedoch die Fern­lei­tungs­netz­be­treiber nicht aus der Verant­wortung gelassen werden. Denn die Über­windung lokaler Trans­por­t­eng­pässe mindert die Störungs­an­fäl­ligkeit des deutschen Gasver­sor­gung­systems. Außerdem verringert sie auch den Aufwand für die Regel­en­er­gie­be­schaffung und damit die Kosten­be­lastung für die Verbraucher.“ 

Vorschaubild: Gasspeicher, hier in Etzel, sind das Rückgrat jeder Erdgas­ver­sorgung in Extrem­si­tua­tionen. Foto: Gazprom Germania

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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