Dass sich die Gashändler hierzulande gern die Taschen vollmachen, ist Allgemeingut. Obwohl im allgemeinen Ölpreisverfalls seit Sommer 2014 auch die Gaspreise gehörig nachgaben, landete bei den Verbrauchern kaum etwas davon. Aktuell – und wohl der Nachrichtenarmut zwischen den Festen geschuldet – sorgt eine Studie von Energycomment im Auftrag der grünen Bundestagsfraktion für mediales Rumoren.
Das auf Energiefragen spezialisierte Hamburger Institut errechnet für einen Musterhaushalt mit 20.000 kWh Jahresverbrauch ein Einsparpotenzial von 132 Euro, wenn die Preisvorteile weitergereicht worden wären. Da dies jedoch nicht geschah, bleiben bei den Gasversorgern Gewinne in Höhe von 1,3 Milliarden Euro hängen. Die Industriekunden trifft es auch, aber nicht ganz so hart.
Tatsächlich sind die Kosten für die Gasimporteure, auch durch weiterer Entwicklungen wie horizontale Bohrungen, Fracking und Verflüssigung zu LNG, von knapp 3 Cent im Jahr 2012 auf derzeit unter 2 Cent je kWh gesunken. Das hätte nach den Berechnungen von Energycomment zu einem Verbraucherpreis von 5,72 Cent führen müssen. Tatsächlich seien es derzeit 6,38 Cent.
Spots billiger als Termine?
Der Branchenverband der Gaswirtschaft, der BDEW, widerspricht dieser Berechnung. Die größte Kritik liegt dabei bei den Spotmarktpreisen, die Energycomment zugrunde legt und die, würde man nur auf diese bauen, eine Hochrisikostrategie seien,d a die Gasmengen nur kurzfristig eingekauft werden könnten. Wichtiger und grundlegender seien die Termingeschäfte, die einen längere Zeit zwischen Bestellung und Verkauf hätten.
Doch ist dem wirklich so? Ein Blick nach Leipzig zur EEX ist erhellend. Der Preis für die Termine (Marktgebiet Gaspool, bei den anderen beiden Marktgebieten NCG und TTF sah die Entwicklung ähnlich aus) fiel innerhalb von 2 Jahren von 25,45 Euro je MWh (Dezember 2013) auf 15,80 Euro je MWh (18.12.2015). Bei den Spotmärkten fiel der Preis vom Jahresbeginn 2014 von 27,50 Euro je MWh auf aktuell und heute 14,90 Euro je MWh. Tatsächlich sind die Preise am Spotmarkt aktuell etwas günstiger, waren aber im Verlauf der zugrunde gelegten Berechnungsperiode auch teurer. Im Schnitt dürften sich beide Preise also kaum etwas nehmen. Das Argument des BDEW hat also keinen Bestand.
Nur halber Gaspreis beeinflussbar
Zudem führt der BDEW an, dass nur zu etwas mehr als der Hälfte der Endkundenpreis von den Beschaffungskosten abhängt, da Netzentgelte sowie Steuern und Abgaben auf Erdgas zu zahlen sind. Das ist grundsätzlich richtig und dies wurde von Energycomment in der berechneten Differenz von ca. 1 Eurocent je kWh (gerechnet auf den durchschnittlichen Erdgaspreis von 2012) an möglicher Einsparung nicht genügend berücksichtigt.
Dennoch wären mehr an Einsparungen drin gewesen – nach Eigenberechnungen dieses Blogs und fußend auf den monatlichen Erhebungen des Fachmagazins Brennstoffspiegel mindestens rund 0,7 Eurocent je kWh. Da dies von den Gasversorgern offenbar jedoch selbst beansprucht wird, hilft nur ein Anbieterwechsel. Inzwischen sind in jeder Region in Deutschland rund 80 Anbieter aktiv. Das sollte also kein Problem sein.
Vorschaubild: Urbansky
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