Thomas Henne erbte vor drei Jahren ein Mehrfamilienhaus in Oldenburg. Das Sechsparteien-Mietshaus befand sich in baulich gutem Zustand. Lediglich das Flachdach hätte gedämmt werden müssen und auch die alte Gasheizung, die 200.000 kWh Gas schluckte, war sanierungsbedürftig. Henne entschied sich für einen umfassenden energetisch-technischen Umbau. Ziel war eine möglichst autarke Versorgung der Bewohner mit Strom und Wärme zu erreichen.
Im Sommer 2015 erhielt der ursprüngliche Flachbau zur besseren Isolierung ein Satteldach, auf dem eine 28,8 kWp PV-Anlage in Ost-West-Richtung installiert wurde und die inder Stromerzeugung damit dem täglichen Sonnenverlauf folgt. Die alte Gasheizung wurde durch zwei Mikro-BHKWs mit Stirlingmotor vom Typ Remeha eVita 25sersetzt. Die beiden kaskadierten Heizgeräte produzieren Strom und Wärme im Verhältnis 1:5. Im Fall eines langen, kalten Winters können zusätzlich zwei Spitzenlastkessel zur Wärmeproduktion genutzt werden. Im Sommer hingegen wird die KWK-Anlage in der Regel gar nicht benötigt. Dann genügt eine Brauchwasserwärmepumpe von Brötje zur Warmwasserbereitung.
Zwei Hauskraftwerke
Das eigentliche Herzstück der neuen Energieversorgung im Henne-Haus bilden zwei E3/DC-Hauskraftwerke vom Typ S10-E12. Sie optimieren die Stromversorgung und übernehmen gleichzeitig das intelligente Energiemanagement im Haus. An die Hybridgeräte können sowohl Wechselstromerzeuger (wie das Mikro-BHKW) als auch Gleichstromerzeuger (wie die PV-Anlage) angeschlossen werden. Die Hauskraftwerke haben eine Kapazität von jeweils 15 kWh. Sie werden parallelgeschaltet und bilden eine Energiefarm, die nur einen Anschluss ans öffentliche Stromnetz hat. Sind die Lithium-Akkus der Stromspeicher voll, werden entstehende Stromüberschüsse automatisch ins Netz eingespeist. Dafür erhält Henne eine Einspeisevergütung von 12,7 Cent pro Kilowattsunde für den PV-Strom. Der KWK-Strom wird lediglich mit einem Bonus von 5,7 Cent pro kWh vergütet. Daher ist es sinnvoll, diesen Strom entweder direkt zu verbrauchen oder im Hauskraftwerk zwischenzuspeichern.
Nebenkosten gesunken
Die Strom- und Gaskosten sind für seine Mieter jetzt niedriger als früher. Eine Preisgarantie verspricht ihnen mindestens zehn Jahre konstante Kosten. Die Nebenkostenabrechnung im Mietshaus erfolgt auf Basis intelligenter Stromzähler von Discovergy. 12 unterschiedliche Zähler erfassen alle Daten – die der Mietwohnungen und der gemeinschaftlich genutzten Flächen. Ein Zähler ist mit einer E3/DC-Wallbox verbunden. Diese übernimmt das solare Laden von Elektroautos. Denn die Vision Hennes sieht die Nutzung eines E‑Fahrzeugs für die Hausgemeinschaft vor. Für ihn eine weitere Möglichkeit, den selbst erzeugten Strom auch selbst zu nutzen.
Die kaskadierte KWK-Anlage rechnet sich. Der vorherige Gasbedarf von 200.000 kWh wurde halbiert. Allein dadurch spart die Gemeinschaft in 20 Jahren geschätzte 112.000 Euro. Die Investitionskosten lagen bei 200.000 Euro. Zu deren Amortisation tragen unterschiedliche Faktoren bei. Die Einspeisevergütungen für PV- und KWK-Strom sowie die KWK-Förderung der Heizgeräte machen dabei nur den geringsten Teil aus. Wesentlich größer ist dabei schon die Ersparnis durch den sehr stark geminderten Strom- und Gasbezug aus dem öffentlichen Netz, verbunden mit dem Verkauf der selbst erzeugten Energie an die Mieter, welche ihrerseits ebenfalls noch Nebenkosten sparen.
Über das Für und Wider energieautarker Lösungen hat mein Energieblogger-Kollege Kilian Rüfer hier auf seinem Blog Sustainment einen ausführlichen Beitrag verfasst.
Alle Beiträge der Serie Speicherstrom-Praxis finden sich hier.
Interessantes Liebhaberprojekt, aber die genannten Zahlen sind nicht stimmig!
Ein Sechsparteien Mietshaus in angeblich baulich gutem Zustand kann unmöglich 200.000 kWh Gas im Jahr verbrauchen. Setzen Sie einen flächenbezogenen schlechten Energieeffizienzwert von 200 kWh/m2*a (A/V in einem MFH eigentlich sehr gut) an, kommen sie auf 1.000 m² Wohnfläche, das passt nicht zu einem Sechsparteien-Mietshaus (auch nicht zum Bild).
Die Vielfalt der dargestellten Technik (Hauskraftwerk incl. Speicher, PVA, Mikro-BHKW, Brauchwasserwärmepumpe(?), Spitzenlastkessel, Wallbox) und die Anzahl zu beaufsichtigender Anlagen (ich zähle 8) ist etwas für das Versuchslabor, nichts für einen Hausmeister geschweige denn Mieter. Das erfordert einen umfangreichen Monitoringvertrag für eine Spezialfirma.
Auch die Wirtschaftlichkeit ist höchst zweifelhaft. Warum wird nur noch die Hälfte an Gas benötigt, wenn es nur mäßige Einspareffekte (Dachdämmung, BHKW effizienter aber ein Teil geht in die Stromproduktion) zu verzeichnen gibt? Es dürfte ein hoher jährlicher Stromüberschuss (20.000 kWh aus dem BHKW plus 25.000 kWh aus PVA gegenüber Verbrauch von 6 Parteien ca. 20.–25.000 kWh) produziert werden, der mit den Einspeisetarifen nur mäßig vergütet wird. Die Kombination Mikro-BHKW und Brauchwasserwärmepumpe geht eigentlich gar nicht.
Das bedarf einer Aufklärung, sonst kostet es Glaubwürdigkeit!
Andreas Probst, Energieberater (TU Darmstadt)
Ich kümmere mich um entsprechende Antworten.
Hallo Herr Probst, hier nun die Antworten des zuständigen Energieberaters:
1. Gasverbrauch: Herr Probst versteht das Konzept nicht und zählt deshalb auch nicht alle Punkte auf, die zur Reduktion des Gasverbrauchs auf ca. 100.000 kWh führen:
KWK statt bisherige, alte Heizung im Winter
Brauchwasserwärmepumpe, betrieben mit Strom vom Dach im Sommer; dadurch quasi kein Gasverbrauch im Sommer
Brauchwasserwärmepumpe und Mikro-KWK-Anlagen laufen nur seltenst parallel
Dachdämmung
Mittelfristig: Verhaltensänderung beim Verbrauch durch größere Transparenz der Verbraucher
2. „Monitoringvertrag nötig statt Hausmeister“
Laudeley Betriebstechnik übernimmt das Monitoring der laufenden Anlagen, im Kern via Fernüberwachung (Discovergy, E3/DC)
Der Heizungsinstallateur wird ebenfalls hinzugerufen, falls etwas nicht funktionieren sollte – einige kleine Kinderkrankheiten wurden so ausgemerzt
Was genau meint Herr Probst also mit einem „umfangreichen Monitoringvertrag einer Spezialfirma“?
3. Kombination BHKW und BWP „geht eigentlich gar nicht“
Wieso nicht? Wie gesagt: Die Geräte laufen quasi nie parallel, sondern sind perfekt aufeinander abgestimmt. Grob: Mikro-KWK läuft im Winter, BWP im Sommer
Die Remeha-Geräte sind übrigens sehr flexibel, das hat mit einem klass. BHKW relativ wenig zu tun, vielleicht liegt hier auch ein Denkfehler des Energieberaters.
4. Wirtschaftlichkeit
Auch hier zeigt sich die alte „Denke“ des Herrn Probst: Es geht in dem Konzept NICHT darum, möglichst viele Zuschüsse und Subventionen abzugreifen. Es geht vielmehr darum, durch intelligente Steuerung und hohen Eigenverbrauch möglichst wenig teure Energie (Strom, Gas), aus dem Netz zu beziehen.
Bei der Wirtschaftlichkeit wird meist vergessen, dass der Vermieter als Energieversorger auftritt. Das bedeutet, dass er zB seinen Mietern auch die Kilowattstunde aus den KWK-Anlagen zu dem vereinbarten Preis verkauft, obwohl ihn diese aufgrund der KWK-Anlage (wärmegeführt) praktisch nichts kostet. Beim Stromverkauf hat er generell neben den Zäherkosten nur Einmal-Investitionen, die mit jeder kWh weiter abgegolten werden
Hallo Herr Urbansky,
Die Antworten stellen mich nicht zufrieden.
1. Meine Frage nach dem extrem hohen Gasverbrauch für ein Sechspersonen-Mietshaus blieb unbeantwortet. Es ist die einfachste Frage der Welt: Stimmt der Gasverbrauchswert bzw. wie groß ist das Mietshaus? Solche Angaben sind das erste, was ein Energieberater bei der Gebäudeaufnahme feststellt.
2. Zur Reduktion des Gasverbrauchs: Eine KWK-Anlage ist keine Anlage zur Einsparung von Heizwärmebedarf, sondern erzeugt gleichzeitig Strom, d.h. die Energie des Gases für die KWK-Anlage steht nicht vollständig (max. 5/6) zur Bereitstellung von Heizwärme zur Verfügung. Die Bereitstellung der Brauchwasserwärme im Sommer (Mai – Aug) erfordert erfahrungsgemäß um die 10% der gesamten Jahresenergie für Heizwärme und Brauchwasserbereitstellung. Über ein schlecht gedämmtes Dach gehen ca. 15 % der Heizwärme verloren. Wie kann man dann 50% einsparen?
3. Monitoringvertrag
Mit der gegebenen Antwort „Laudeley Betriebstechnik übernimmt das Monitoring der laufenden Anlagen, im Kern via Fernüberwachung (Discovergy, E3/DC).“ ist alles gesagt. Das ist kein Manko, bestätigt aber, dass die Komplexität der Anlagen eine fachmännische Überwachung erfordert.
4. Brauchwasserwärmepumpe
Wer setzt exklusiv im Sommer eine Wärmepumpe zur Erwärmung des Brauchwassers ein? Die Anschaffung ist ja nicht geschenkt, selbst wenn es der Strom für ihren Betrieb ist. Die Effizienz einer Wärmepumpe ist bekanntlich umso schlechter je höher die bereitzustellenden Temperaturen (60 Grad) sind. Da ist eine Solarthermie-Anlage für ein Sechspersonen-Mietshaus viel besser geeignet, nötigenfalls mit Heizschwert zur direkten Umwandlung des PV-Stroms in Wärme.
5. „Alte Denke“
Ich sprach von zweifelhafter Wirtschaftlichkeit, mit Abgreifen von Zuschüssen und Subventionen hat es nichts zu tun. Wenn zu viel Strom produziert wird, müssen sie ihn zwangsläufig einspeisen bzw. verkaufen und damit bringt er viel weniger als eingesparter Netzstrom.
Die Qualität der Antworten bestätigt meine ersten Zweifel. Eine „Neue Denke“ muss vor allem wahrhaftig mit den Fakten umgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Probst
Hier die Antworten des Energieberaters direkt auf Ihre Fragen, Herr Probst:
zu 1. Solche Angaben sind das erste, was ein Energieberater bei der Gebäudeaufnahme feststellt.
Die Frage wurde nicht beantwortet, weil sie äußerst seltsam ist. Natürlich stimmen die 200.000 kWh – darauf hatten und haben wir keinen Einfluss… Grund sind sehr schlechte Isolierungen etwa der Leitungen usw. Letztlich wurde also früher stark nach „Draussen” geheizt. Die Leitungen zu isolieren ist ohne eine grundlegende Sanierung nicht möglich.
zu 2. Die Gründe für die Einsparung sind aufgezeigt worden. Das Thema Isolierung im Bereich des Heizungskellers kommt da natürlich hinzu. Auch die Aussage zur KWK-Anlage ist witzig: Die Effizienz der KWK-Anlage auch rein auf die Wärmeproduktion bezogen ist doch viel höher als die einer Uralt-Heizung. Dass nebenbei Strom produziert wird, spielt keine Rolle.
zu 3: Meine Aussage hierzu war nicht ganz korrekt: Das grundlegende Monitoring übernimmt sogar Herr Henne persönlich. Er ist Laie, was zeigt, dass gerade kaum Wartungsbedarf und Überwachungsbedarf besteht. Die zusätzliche Kontrolle durch Laudeley und Ahlers basiert nicht auf einem langfristigen Vertrag o.ä.
zu 4: Über die Wirtschaftlichkeit der Solarthermie kann Holger Laudeley tagelange Vorträge halten. Ihm wurde im Studium auch eingebläut, dass es nichts besseres gäbe – seine Praxiserfahrung zeigt aber, dass Solarthermie sich heutzutage quasi nie rechnet. Die eingesetzte Brauchwasser-WP kostet übrigens ca. 2.000 Euro, Solarthermie ein Vielfaches.
Übrigens erleben wir in der Arbeit mit E3/DC inzwischen mehrfach Installateure, die genau auf diese Lösung Brauchwasser-WP für den Sommer ganz bewusst setzen. Ist also längst nicht Holger Laudeley alleine, der das macht. Mir fällt z.B. die ebenfalls äußerst praxiserfahrene Kirchner Solar Group ein, die das vielfach so realisiert hat.
zu 5: Er sprach von geringem Nutzen des selbst produzierten Stroms, weil es ja nur geringe Einspeisevergütungen gäbe. Das zeigt nach wie vor die alte Denke. Es geht in dem Henne-Haus um Eigenverbrauch. Daher auch die Zwischenspeicherung des Stroms. Übrigens: Im Hinblick auf den KWK-Strom hat er Recht – der bringt bei Einspeisung praktisch nichts (5,3 Cent, soweit ich mich erinnere) – daher wird dafür gesorgt, dass der KWK-Strom sinnvoll verbraucht wird. Weiterhin wird in Kürze auch ein Elektroauto für die Gemeinschaft hinzukommen, so dass noch mehr Strom selbst verbraucht und weniger eingespeist wird.
Ihre Aussage „Die Qualität der Antworten bestätigt meine ersten Zweifel. Eine „Neue Denke“ muss vor allem wahrhaftig mit den Fakten umgehen,” ist, gelinde gesagt, eine Unverschämtheit. Wenn er die von uns genannten Fakten anzweifelt (200.000 KWH Gasverbrauch zb), ist das sein Problem. Er kann den Eigentümer anrufen und sich das bestätigen lassen. Das Monitoring von Discovergy und E3/DC existiert, die prognostizierte Halbierung des Gasverbrauchs ist realisiert worden. Das sind Fakten, die auch durch Screenshots und Abrechnungen belegbar sind. Mehr Transparenz und Offenheit geht nicht.
Sehr geehrter Herr Urbansky,
ich schließe hiermit den Dialog und danke Ihnen, dass Sie sich um die Beantwortung meiner Fragen gekümmert haben.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Probst
Statt Statements wären Zahlen wesentlich hilfreicher.
So kann ich eine Eigentümergemeinschaft nicht überzeugen – in meinem haus bin ich da noch viel weiter…
LG jogi54
Welche Zahlen fehlen denn noch? Mal sehen, ob ich die besorgen kann.