Dezentrale Erzeugung und Verbauch sind Grundlagen für die Energiewende in Bürgerhand. Foto: Urbansky

Agora: Dezen­tra­lität wird Ener­gie­system prägen

von | 20. März 2017

Der regie­rungsnahe ThinkTank Agora Ener­gie­wende hat sich mit dem Thema Dezen­tra­lität befasst. Da dieser Blog wie alle Energie­blogger sich dem Thema Ener­gie­wende in Bürgerhand verschrieben hat und Dezen­tra­lität dafür die Grundlage ist, soll das wich­tigste an dieser Stelle doku­men­tiert werden. 

Als Grundlage dienen der Studie folgende 6 Felder der Dezentralität:

  • Eigen­ver­sorgung
  • regionale Verteilung von Strom­erzeugung und –verbrauch
  • regionale Vermarktung von Ökostrom
  • regionale Smart Grids bezie­hungs­weise Smart Markets
  • kleinere Akteure mit Fokus auf „Bürger­en­ergie“
  • kommunale Energien

Wich­tigste Erkenntnis:

Dezen­tra­lität entwi­ckelt sich mit der Ener­gie­wende zu einem dauerhaft prägenden Struk­tur­merkmal des Ener­gie­systems. Schlüs­sel­tech­no­logien der Ener­gie­wende (vor allem Wind, Solar, Batte­rie­speicher, Digi­ta­li­sierung) sowie in der Gesell­schaft veran­kerte poli­tische, ökono­mische und soziale Präfe­renzen für Eigen­ver­sorgung und Regio­na­lität treiben das Strom- und Ener­gie­system in Richtung dezen­tralere Strukturen.

Da dies nicht mehr mit dem bisher stark zentral geprägten Strom-​Energiekonzept im Einklang steht, bedarf es einen neuen Ordnungs­rahmen für Dezen­tra­lität. Zwar steht die aktuelle Regie­rungs­po­litik dem teilweise entgegen. Mit der Erleich­terung von Mieter­strom­mo­dellen und der regio­nalen Vermarktung von Grünstrom im EEG 2017 sowie die positive Bewertung dezen­trale effi­zi­enter Ener­gie­systeme im geplanten Gebäu­de­en­er­gie­gesetz (GEG) sind zumindest erste Ansätze in diese Richtung gegeben.

Die Ergeb­nisse sind mit den folgenden drei Punkten knapp umschrieben:

1. Neues Strukturmerkmal

Dezen­tra­lität entwi­ckelt sich dauerhaft zu einem neuen Struk­tur­merkmal der Stromwirtschaft.

Denn zentrale Tech­no­logien der Ener­gie­wende (Windkraft, Solar­energie, Strom­speicher, Elek­tro­mo­bi­lität, Wärme­pumpen) bringen eine wesentlich verteiltere Struktur mit sich, die nicht mit immer mehr Netz­ausbau beant­wortet werden kann. Zudem gibt es sowohl ökono­mische als auch starke poli­tische und soziale Treiber in Richtung Eigen­ver­sorgung und regionale Lösungen.

2. Kein Wert an sich

Dezen­tra­lität ist kein Wert an sich, sondern muss sich netz­to­po­lo­gisch, ökono­misch oder aufgrund von sozialen bezie­hungs­weise poli­ti­schen Präfe­renzen begründen lassen.

Der Mehrwert dezen­traler Lösungen ist oft nicht monetärer Natur (zum Beispiel größere Akzeptanz, breitere Teilhabe) und muss als solcher politisch bewertet werden. Ökono­misch liegt der Wert in der Regel in vermie­denem Netz­ausbau, für den bisher jedoch ein monetäres Maß fehlt, oder in dem Befrie­digen einer Regio­na­li­täts­prä­ferenz der Verbraucher, für die jedoch der Markt­rahmen fehlt.

3. Neuer Ordnungsrahmen

Wir brauchen einen Ordnungs­rahmen für Dezen­tra­lität bei Entgelten, Abgaben und Umlagen.

Das bisherige System der dezen­tra­li­täts­be­dingten Ausnahmen bei Netz­ent­gelten, Steuern, Abgaben und Umlagen ist hoch­gradig will­kürlich und chaotisch. Es sollte überführt werden in eine klare Struktur, bei der die Höhe der Entgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen diffe­ren­ziert wird nach drei Ebenen:

  1. Erzeugung und Verbrauch ohne Nutzung des öffent­lichen Netzes,
  2. Erzeugung und Verbrauch innerhalb einer Strom­region sowie
  3. über­re­gio­naler Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch.

Mit der dezen­tralen Versorgung von Solarstom für die E‑Mobilität befasst sich Energieblogger-​Kollege Daniel Bönninghaus hier auf seinem Blog Savong Volt.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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