Interview mit Prof. Bernd Thomas, Hochschule Reutlingen
Ohne Speicher keine Energiewende. Dabei sind thermische Speicher deutlich günstiger als solche für elektrischen Strom. Deshalb sollten thermischen Speicher durch eine intelligente Einbindung prinmär selbst genutzt und darauf aufbauend für das verbleibende Delta Batteriespeicher eingesetzt werden. Komplett ohne Batteriespeicher wird man, so Bernd Thomas von der Hochschule Reutlingen, nicht auskommen. Jedoch könnten durch die bestmögliche Nutzung des Potentials der thermischen Speicher die Batteriespeicher kleiner und kostengünstiger ausfallen.
Im Interview erklärt der Hochschullehrer und Spezialist für Technische Thermodynamik sowie Wärmeübertragung zudem, wie ein flexibles System von Wärmeerzeugern und Speichern netzdienlich funktionieren könnte.
Welche Komponenten lassen sich in einem solcherart optimierten Syxstem steuern und welche nicht?
Nicht steuerbar sind Photovoltaik und Solarthermie, steuerbar hingegen sind Wärmepumpe und Blockheizkraftwerk. Wenn man Speicher integriert, gelingt die Steuerung um so besser. Man muss sich das als eine Art Baukastensystem vorstellen, zu dem auch ein Spitzenlastkessel auf der steuerbaren und eine Solarthermieanlage auf der nicht steuerbaren Seite gehören könnten. Dann muss man genau messen und danach das Sytem optimieren. Unsere Methode ist eine heuristische. Wir können eine Prognose der Verbrauchsdaten abgeben und daraus den Wärmebedarf einstellen.
Welche Speicher kämen dabei zum Einsatz?
Das sind thermische Pufferspeicher auf Wasserbasis, die vom BHKW gespeist werden. In den letzten Monaten versuchen wir auch, dieses Modell auf Wärmepumpen zu übertragen. Allerdings ist der Wasserpeicher hier eher ungünstig, da er von einer hohen Temperaturdifferenz lebt. Und das mag wiederum die Wärmepumpe nicht. Funktionieren würde es da, wo ich eine Betonkernaktivierung nutzen kann. Auf elektrischer Seite setzen wir auf Lithium-Ionen-Batterien.
Wurde das schon praktisch erprobt?
Ja, in zwei Feldtestanlagen. Ein BHKW von 1 kW in einem Einfamilienhaus war aus wissenschaftlicher Sicht langweilig, weil das BHKW zu klein und damit voll ausgelastet war. Es ist im September angesprungen und bis zum Frühjahr durchgelaufen. Da war kein Platz für Flexibilitäten. In einem Einfamilienhaus mit Gewerbeeinheit hatten wir hingegen einen Dachs (Mini-BHKW von Marktführer SenerTec, d. Red.) installiert, der nur auf 3.500 Betriebsstunden jährlich kam. Da ließen sich deutlich besser die Flexibilitäten nutzen. An diesem Beispiel zeigt sich auch, dass man für die Flexibilitäten solche Anlagen überdimensionieren muss. Letztlich geht es dann auch darum, den KWK-Strom solch großer Anlagen selbst zu verbrauchen und nicht nur einzuspeisen.
Hierfür brauchen wir einen Paradigmenwechsel. Wir müssen bei der KWK weg von den 8000-Stunden-Dauerläufern. Sie sind kontraproduktiv, da sie die Flexibilisierung behindern. Wir brauchen Anlagen, die größer bemessen sind und geringere Laufleistung haben. Im kleinen KWK-Bereich wird die lange Laufzeit sogar noch gefördert. Das muss sich ändern, wenn man in Flexibilität will. Die Leistungsüberhöhung muss also honoriert werden
Gibt es überhaupt einen Markt für die ausgesteuerte Mengen an Strom oder Wärme?
Sagen wir es so: Durch die Eigenstromnutzung auch beim BHKW sind die Nutzer ein bißchen verwöhnt. Das relativiert sich derzeit. Als wir mit dem Projekt 2013 begonnen haben, wurde propagiert, dass die Eigentromnutzung ja zu Lasten der Solidarsysteme ginge, weil die Infrastruktur ja dennoch aufrecht erhalten werden muss. Das hat sich mittlerweile ein wenig relativiert. Trotzdem erfolgt die Eigenstromnutzung ohne Rückkopplung zum umgebenden Energiesystem.
Um dies aufzubrechen, bräuchten wir variable Strompreise. Bisher ist die Eigennutzung nur dadurch getrieben, um hohen Strombezugspreis zu vermeiden. Man müsste die Energieversorger dazu bringen, dass sie variable Stromtarife anbieten. Darauf könnten wir mit unserer Steuerung reagieren. In einem Versorgungsgebiet könnte man das so steuern, dass für Kommune oder Quartier ebenfalls ein Nutzen entsteht. Bisher jedoch reagieren wir nur auf Eigenbedarf.
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Das Thema wird auch diskutiert auf der VDI-Konferenz „Smart-Energy: Prosumer im Umfeld von Markt, Technik und gesetzlichem Rahmen“ am 15. und 16. November 2017. Dazu gehören die folgenden Punkte:
· Heuristisches Optimierungsverfahren zur Steuerung von dezentralen Energiesystemen
· Stromoptimierter Betrieb von BHKW durch intelligentes Management des Wärmespeichers
· Eigenstromoptimierung von BHKW-PV-Batterie-Systemen
· Strompreisoptimierter BHKW-Betrieb mit vollständiger Nutzung der BHKW-Wärme
Das Programm der Veranstaltung findet sich hier.
Angemeldet werden kann sich hier.
enwipo.de wird umfangreich von der Konferenz berichten.
Was beim Zapfen aus einem Warmwasserkombi-Speicher passiert, beschreiben die Energieblogger-Kollegen von Ecoquent Positions hier.
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