Der Kongress EAST.19 am 16. und 17. September 2019 in Erfurt widmet sich der Zukunft der Speichertechnik. Eine mögliche Variante: Redox-Flow-Batterien, die fast oder gar komplett ohne Metalle auskommen. Sie lösen damit ein Problem herkömmlicher E‑Batterien: Seltene oder nur mit hohem Aufwand und zulasten der Umwelt zu gewinnende Metalle. Erforscht und hergestellt wird die neuartige Technologie in Thüringen, dem Gastgeberland der EAST.19.
Speicher sind der Schlüssel der Energiewende. Sie können Strom oder Wärme über längere Zeit erhalten und bei Bedarf abgeben. Ohne sie können die Gegensätze zwischen den Produktionszeiten erneuerbarer Energien wie Wind und Sonne und den Verbrauchszeiten nicht überbrückt werden. Genau diese Technologien bestimmen das Programm der EAST.19. Einer der Hoffnungsträger dabei: Redox Flow.
Redox Flow beruht auf einem denkbar einfachen, elektrochemischen Prinzip. In zwei Tanks lagern gleichartige Elektrolyt-Flüssigkeiten unterschiedlicher Oxidationstufen. Sie werden zwischen den Tanks, getrennt von einer Membran, hin- und hergepumpt. Das eine Elektrolyt mit stärkerer Elektronenbindung fungiert als Kathode, das andere als Anode. Wird Strom zugeführt, wandern die Ionen von der Kathode zur Anode. Damit wird die Batterie geladen.
Bekannt ist das Prinzip schon seit den 70er Jahren. Bisher wurde jedoch vorrangig in Schwefelsäure gelöstes Vanadium verwendet – ein Gefahrstoff und umweltbelastend. Den Forschern des Center for Energy and Environmental Chemistry Jena (CEEC Jena) an der Friedrich-Schiller-Universität gelang es 2015 gänzlich auf Metalle zu verzichten. Das Team unter Leitung von Prof. Ulrich S. Schubert entwickelte organische Polymere, die in gesättigtem Kochsalzwasser aufgelöst werden. Auch die Membran kommt gänzlich ohne Metalle aus. Genutzt wird ein Fasermaterial, das schon lange in Trinkwasserfiltern oder der Dialyse zum Einsatz kommt.
Einen ersten Großversuch plant derzeit für einen Zeitraum von etwa zehn Jahren der norddeutsche Energieversorger EWE aus Oldenburg. Er will das Prinzip in seinen Gaskavernen, die bisher als Speicher für Erdgas dienen, im großen Stil realisieren und dort Windenergie einspeisen. Wenn diese im Überschuss anfällt und die Anlagen abgeschaltet werden müssten, wird der Strom aufgefangen und kann wieder abgegeben werden, wenn dafür ein Bedarf besteht. In beiden Fällen wird so die Netzstabilität aufrechterhalten – mit einer einzigen Technologie.
Doch es geht auch viele Nummern kleiner. Denn das Redox-Flow-Prinzip ist gut nach unten skalierbar. JenaBatteries etwa baut diese metallfreien Batterien ab 100 kW Leistung und einer Speicherkapazität von 400 kWh.
Die Vorteile von Redox Flow made in Thüringen liegen auf der Hand Die Wartung ist durch die Metallfreiheit einfach und planbar. Das wiederum erleichtert Betrieb, aber auch Finanzierungen. Die Lebensdauer liegt bei 10.000 Ladezyklen, die benötigten Grundstoffe sind einfach herstellbar und in Deutschland ohne große Begrenzungen preisgünstig verfügbar. Alle verwendeten Materialien sind weder brennbar noch explosiv. Das vereinfacht Sicherheitsregelungen und reduziert Prämien für die Versicherung der Anlagen. Zudem können sie bei kleinen Anwendungen mittels 3D-Drucker hergestellt werden, was die Technologie wiederum interessant für die Anwendung in kleinen Geräten etwa für das Internet of Things (IoT) macht. Da auf Schwermetalle wie Blei oder Vanadium, aber auch auf Leichtmetalle wie Lithium verzichtet werden kann, ist es eine sehr umweltschonende Lösung.
Neben der revolutionären Redox-Flow-Technologie wird in Thüringen aber auch an metallischen Speichertechnologien geforscht, die auf Lithiumverbindungen verzichten können. So koordiniert die Friedrich-Schiller-Universität Jena innerhalb des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts TRANSITION wissenschaftliche Arbeiten zu flüssigen und polymeren Elektrolyten für Natrium-Ionen-Batterien. In ihnen werden als Kathoden Übergangsmetallschichtoxide und als Anoden Hartkohlenstoff aus Biomasse verwendet. Auch hier ist eine hohe Skalierbarkeit Gegenstand der Forschungen.
Die neuen Speicherkonzepte, die die besondere Stärke der Forschungslandschaft für Energiespeicher- Technologien in Mitteldeutschland beweisen, werden auf der EAST.19 in Vorträgen und Workshops und in der begleitenden Ausstellung beleuchtet.
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