Deutschlands Baubranche geht es gut. 2014 gab es 5,4 % mehr Baugenehmigungen für Wohnungen, auch wenn die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe leicht zurück gingen. Fakt ist, dass Neubauten heute auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben wie EnEV und EEWärmeG deutlich energieeffizienter gebaut werden können als dies der Bestand ergibt.
Dennoch müssen Neubauten mit einem deutlich höheren Energieaufwand errichtet werden. Im Bestand wurde dieser bereits erbracht und ist quasi abgeschrieben. Deswegen sind Sanierungen – bezogen auf eine so gerechnete Gesamtbilanz – günstiger als ein Neubau.
Auch diesem Thema widmet sich die Suffizienz im Bauwesen. Der Autor Daniel Fuhrhop kämpft in seinem Blog „Verbietet das Bauen“ für die Sanierungsvariante statt eines Neubaus. Auf den Berliner Energietagen stellte er mehrere Varianten vor, mit denen suffizientes und damit energiesparendes Sanieren möglich wird.
Als Hauptargument dient ihm der ungebremste Anstieg der Wohnungen (von 34 auf 41 Mio.), obwohl die Bevölkerung in Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten konstant blieb. „Es wurden also 7 Millionen Wohnungen nur deswegen neu gebaut, weil wir auf mehr Fläche wohnen. Grob geschätzt kostet uns dieser verschwenderische Umgang mit Fläche eine Billion Euro., so Furhop.
Hier sind 10 seiner Vorschläge, die Neubauen überflüssig machen sollten oder könnten:
Platz sparen durch Suffizienzberatung
Die Wohnfläche pro Person stieg seit der Nachkriegszeit von 15 auf 45 qm. So wie derzeit zu Effizienz beraten wird, etwa bei Energie, sollten alle Bauwilligen zur Suffizienz beraten werden, zum „weniger bauen“ oder „nicht bauen“.
Wieviel Platz für wieviel Dinge?
Moderne Speichermedien sparen den Platz, der bisher für Bücher, CDs und DVDs verwendet wird. Als Beispiel dient ein USB-Stick des Gutenberg-Projekts mit 7.000 Büchern.
Leerstand beseitigen
Um Leerstand zu vermeiden, sollten wir mindestens wissen, was leersteht – doch nur ein Achtel der deutschen Kommunen kennt ihren Leerstand, ein Viertel kennt zumindest einen Teil davon (etwa die Ladenlokale), Zweidrittel aber wissen nicht, wo etwas leersteht.
Jung kauft Alt
Hiddenhausen bei Bielefeld fördert junge Leute mit bis zu zehntausend Euro dabei, alte Häuser zu kaufen. In sieben Jahren förderte die Gemeinde den Kauf von 340 Häusern, senkte den Leerstand und stoppte den Sinkflug der Einwohnerzahlen.
Platzverschwendung als Stilfrage
Großzügige „Wohnlandschaften“ im Erdgeschoss mancher Einfamilienhäuser umfassen sechzig bis siebzig Quadratmeter, doch es fehlen Arbeits‑, Schlaf- und Kinderzimmer. Auf der gleichen Fläche brachte Architekt Bruno Taut eine komplette Drei-Zimmer-Wohnung unter, wie ein Film auf dem Verbietet-das-Bauen-Youtube-Kanal zeigt.
Sanierung ganzheitlich rechnen
Ein Beispiel einer Sanierung in Bremerhaven Wulsdorf zeigt mit konkreten Zahlen der Wohnungsgesellschaft Stäwog, dass eine Sanierung günstiger war, als abzureißen und neu zu bauen – wenn man sowohl die „graue Energie“ berücksichtigt, die Abriss und Erstellung kosten, als auch die Mobilitätsenergie, die zusätzlicher PKW-Verkehr benötigt.
Wohnungen umbauen mit der „Raumsonde“
Der Hamburger Architekt Gerd Streng fügte auf originelle Weise einer Familie mit Raummangel einen Raum zu – als „Raumsonde“ erschließt er ein Zimmer der darunterliegenden Wohnung, in der die Großmutter zuviel Platz hat.
Umzüge fördern durch Umzugsprämie & Umzugsberatung
Umzüge mit Prämien und Beratung zu fördern, rechnet sich: Wenn zum Beispiel ein älterer Bewohner in eine kleinere Wohnung zieht und 30 bis 40 Quadratmeter freiwerden, müssen die nicht neu gebaut werden. Ersparte Neubaukosten von 60−70.000 Euro sind ein ausreichendes Budget für Umzug, Prämie und Beratung.
Probewohnen in Görlitz
Gegen Vorurteile hilft „Probewohnen“: In Görlitz förderte die Wohnungsgesellschaft durch eine Woche Testwohnen, dass Menschen die Gründerzeitbauten kennenlernen, von denen viele leerstehen.
Anders sehen: Welterbe Märkisches Viertel
Dass manche Siedlungen weniger beliebt sind als andere, liegt auch am zeitlichen Abstand zu ihrer Bauzeit. Wenn wir die spätere Historisierung vorwegnehmen, entdecken wir den baugeschichtlichen Wert. Erheben wir zum Beispiel die Großsiedlung Märkisches Viertel aus den 1960er Jahren zum Welterbe!
Der Vortrag kann hier heruntergeladen werden.
Im August erschient sein Buch „Verbietet das Bauen. Eine Streitschrift“, in dem er 50 Maßnahmen gegen den Bauwahn vorschlägt.
Vorschaubild: Check vorhandener Bausubstanz und Heizungsanlagen inkl. Sanierung statt Neubau ist Ziel der Suffizienz im Bauwesen. Foto: ZVSHK
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