Wärmepumpen sollen aufgrund des dänsichen Strromüberschusses einen Großteil der Wärmeversorgung übernehmen - zu Lasten der KWK. Foto: Bundesverband Wärmepumpe

Dänemarks Wärme­markt: KWK schrumpft, Groß- Wärme­pumpen wachsen

von | 7. Juli 2015

Der dänische Wärme­markt ist dem deutschen um gut 20 Jahre voraus. Hier gibt es einen konse­quenten Weg weg von Fossilen, der seit den großen Ölkrisen der 70er Jahre gesell­schaft­licher Konsens ist. Seitdem werden konti­nu­ierlich effi­ziente Nahwär­me­netze errichtet. In die sollen vorrangig erneu­erbare Energien wie Solar- und Geothermie einge­speist werden oder aber KWK-​Anlagen leisten effi­ziente Dienste. 

Doch der KWK-​Einsatz geht immer mehr zurück. Ralf Radloff, inzwi­schen pensio­nierter Wärmemarkt-​Experte des Minis­terium für Ener­gie­wende, Land­wirt­schaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-​Holstein und Heraus­geber des News­letters Wärmewende-​Info befasst sich in seiner letzten Ausgabe mit genau diesem Phänomen. Zu den Gründen heißt es:

Wie in Deutschland wurde die KWK mit fixen Einspei­se­ver­gü­tungen gefördert. Der immer größer werdende Anteil der Windkraft an der Strom­erzeugung führte bereits 2005 zu einer Umstellung von der fixen zur variablen Förderung der KWK, um diese an den zuneh­menden Flexi­bi­li­sie­rungs­bedarf anzu­passen. Ergebnis: Die Voll­last­stunden der dezen­tralen KWK-​Anlagen sind konti­nu­ierlich gefallen, z.T. auf 400 h/​a, im Durch­schnitt auf 1.537 h/​a (2013). Der KWK-​Anteil liegt aber immer noch über 40 %. 

Überschüssige Windkraft vor Dänemarks Küsten und an Land machen eine Wärmeversorgung mit Geothermie durchaus sinnvoll. Foto: Urbansky

Über­schüssige Windkraft vor Dänemarks Küsten und an Land machen eine Wärme­ver­sorgung mit Geothermie durchaus sinnvoll. Foto: Urbansky

Weil große Mengen „über­schüs­sigen“ Wind­stroms zu Nied­rigst­preisen expor­tiert werden (müssen), zielt man in Dänemark auf einen zusätz­lichen Baustein der Wärme­be­darfs­de­ckung: Einsatz großer Wärme­pumpen, die in Wärme­netze einspeisen. Die prag­ma­tische konti­nu­ier­liche Anpassung der Rahmen­be­din­gungen stockt derzeit etwas. 

Diese Entwick­lungen stehen uns im Grundsatz (viel­leicht nicht im Detail) auch bevor – aller­dings liegt der Wind­kraft­anteil in Deutschland 2014 erst bei 8,6 % und in Dänemark bei 39,1 %.

Dieses Info basiert neben den ange­ge­benen Quellen auf Inter­views mit Michael Nast (DLR Stuttgart/​IFEU Heidelberg) und Wolfgang Schulz (Fraun­hofer IFAM Bremen). Darüber hinaus danke ich Per Alex Sørensen (Plan­energi), Bjarne Rasmussen (Region Zealand), Sebastian Löck und Hans Eimannsberger. 

Empfohlen werden Groß­wär­me­pumpen deshalb, so Radloff, weil sie deutlich weniger auslas­tungs­sen­sibel als mono­valent einge­setzte dezen­trale Wärme­pumpen seinen. Ein wesent­liches wirt­schaft­liches Hemmnis sei, dass von Groß­wär­me­pumpen einge­setzter Strom weiterhin zur PSO-​Abgabe (2,92 Ct./kWh) veranlagt werde und nur teilweise von der Strom­steuer befreit sei (aktuell 4,69 Ct./kWh), also insgesamt 7,61 Ct./kWh an Steuern und Abgaben anfielen. 

Deswegen seine derzeit folgende Vorschläge in der Diskussion

  • Grund­sätzlich die Höhe der Besteuerung fossiler Brenn­stoffe (rund 3,8 Ct./kWh) bzw. die (teilweise) Einbe­ziehung erneu­er­barer Energieträger, 
  • eine Befreiung oder Redu­zierung von der PSO-​Abgabe von Strom für den Wärmepumpeneinsatz, 
  • eine Flexi­bi­li­sierung der Strom­steuer an die aktuelle Erzeugung („dynamic tax“): Hohe Besteuerung bei hohem fossilen Ener­gie­einsatz, niedrige Besteuerung bei großem Wind­kraft­anteil. Eine solche variable Strom­steuer scheitert bisher am Wider-​stand des Finanz­mi­nis­te­riums, da über eine zeitva-​riable Besteuerung die Steu­er­ein­nahmen nicht mehr sicher vorher­sagbar sind (Nast).
  • Welche der Maßnahmen tatsächlich zum Tragen kommen wird, ist auch nach der jüngsten Wahl schwer zu prognostizieren. 

Für Deutschland sieht Radloff eine ähnliche Entwicklung, da sich auch hier dieRah­men­be­di­nungen für BHKW ändern werden. Das neue KWK‑G lässt hier jedoch noch vieles beim alten. Aller­dings werde es auch hier zeit­va­riable Vergü­tungen geben. Der BSW Solar forderte ähnliches erst gestern. Und Radloff empfiehlt, bei der Plat­zierung und Dimen­sio­nierung von Heiz­häusern sollte der Platz­bedarf größerer Module, von größeren Wärme­spei­chern und der von multi­va­lenten Techniken zumindest perspek­ti­visch berück­sichtigt werden. 

Kursiv: Zitate aus der Wärmwende-​Info Nr. 21

Der Wärmewende-​Info-​Newsletter Nr. 21 „Zur rück­läu­figen Bedeutung der KWK in DK – Anpassung des Wärme­sektors an den Strom­sektor “ kann demnächst hier herun­ter­ge­laden werden.

Vorschaubild: Wärme­pumpen sollen aufgrund des dänischen Strom­über­schusses einen Großteil der Wärme­ver­sorgung über­nehmen – zu Lasten der KWK. Foto: Bundes­verband Wärmepumpe

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...

„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...