Fernwärme in Dänemark, insbesondere im Großraum Kopenhagen, ist eine Erfolgsgeschichte. Politisch gewollt und von klug handelnden Akteuren umgesetzt, wächst der Anteil der Fernwärme kontinuierlich.
Einen Erfolgsfaktor beleuchtet die aktuelle Wärmewende-Info Nr. 24 (zum ersten Teil über die Fernwärme in Kopenhagen geht es hier) von Ralf Radloff, pensionierter Wärmemarkt-Experte des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein , die demnächst hier veröffentlicht wird. Und zwar den Non-Profit-Charakter der verschiedenen Akteure – in Deutschland aktuell undenkbar.
Als Beispiel dient Vestforbrænding (VF) in der Gemeinde Glostrup im Speckgürtel der dänischen Hauptstadt. Das kommunale Unternehmen erarbeitet Strategien, wie die Erdgasversorgung auch andereer Kommunen ersetzt wird durch Fernwärme. Der Preisvorteil muss dabei mindestens 10 % betragen. Seit 2006 führt das Unternehmen diese Strategie. Den betroffenen Gasversorgern wird dabei sogar eine Entschädigung gezahlt. Im Gegenzug erhält der Fernwärmeproduzent Daten über den Wärmeverbrauch seiner zukünftigen Kunden und kann die Netze optimal anpassen. Dies führte dazu, dass VF mit die günstigsten Fernwärmepreise in Dänemark anbieten kann.
Das Unternehmen sieht seine eigenen Vorteile als gemeinschaftliches kommunales Non-profit-Unternehmen wie folgt:
- VF könne ihnen Vorschläge für die strategische Wärmeplanung vorlegen und letztlich genehmigungsreif ausarbeiten, sie realisieren und kostengünstiger betreiben.
- Die Mitgliedskommunen profitierten nicht nur von dem Know-How des Unternehmens sondern auch von den Synergieeffekten, die sich durch eine gemeinschaftliche Organisation der Maßnahmen ergeben.
- VF sieht sich nicht nur selbst als Vorreiter für den Fernwärmeausbau und die Erschließung bisher mit Erdgas versorgter Gebiete.
- VF habe den Energiebehörden bewiesen, dass es ein großes Potential der kostengünstigen Erschließung neuer FW-Gebiete gäbe.
- VF habe die Behörden und die Kommunen ermutigt, dieses Potential zu suchen.
- VF habe andere FW-Unternehmen inspiriert, mit ähnlicher Strategie – also Neuanschluss ohne Anschlusskosten – ihre Netze zu erweitern, wie etwa Løgumkloster.
Die Wärmepreise von VF gehören in Folge dessen zu den niedrigsten in ganz Dänemark. Die auch aus dieser unternehmerischen Strategie folgenden Erfolgsfaktoren der Fernwärme in Dänemark im Allgemeinen und im Großraum Kopenhagen im Besonderen sind nach Radloff:
- Die verbindliche kommunale Wärmeplanung, mit der frühzeitig eine effizienzorientierte Wärmeversorgungsinfrastruktur aufgebaut worden ist.
- Der weitgehende gesellschaftliche Konsens über die Energie- und Klimaschutzpolitik, so dass im Ergebnis vieles nicht gesetzlich sondern über „Energievereinbarungen“ geregelt wird, etwa dem sukzessiven Verbot fossiler Brennstoffe.
- Die vergleichsweise hohe Besteuerung fossiler Energieträger (3,8 Ct./kWh) – auf deren Grundlage wesentliche Entwicklungen marktgesteuert ohne Förderung mit öffentlichen Mitteln realisiert werden.
- Die Organisation der dänischen Energieunternehmen, die weitgehend non-profit-Unternehmen sind.
- Die pragmatische Haltung und die Anpassungsfähigkeit der dänischen Akteure:
- Beispiel Kohleverdrängung: Kurzfristiger großvolumiger Einsatz von Holzpellets in den Kohlekesseln, bis spätestens bis 2035 die Technik grundlegend erneuert sein muss.
- Beispiel Saisonalspeicher – in Dänemark kostet er etwa 20–30 Euro je Kubikmeter, in Deutschland rund 600 und mehr Euro je Kubikmeter.
High tech ist kein Selbstzweck, es muss nicht Rollce Royce sein, VW oder Fiat tut‚s auch. Anlass, bei uns einige Positionen zu überdenken, so Radloff abschließend.
Vorschaubild: Müllverbrennungsanlage von VF, die auch zur Wärmeauskopplung genutzt wird. Kinamand /Wikimedia /Lizenz unter CC BY-SA 3.0
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