Standen im Mittelpunkt der EAST: Speicherlösungen für die Energiewende, wie hier ein E-Batterie-Block. Foto: IBC Solar

EAST: Speicherkongress-​Serie stellt Forde­rungen ans Klimakabinett

von | 20. September 2019

180 Teil­nehmer und 15 Aussteller disku­tierten zwei Tage wissen­schaft­liche, tech­nische und wirt­schaft­liche Lösungen für die Energiewende

Beim ersten EAST – Kongress für inno­vative Spei­cher­kon­zepte mit beglei­tender Ausstellung disku­tierten am 16. und 17. September 2019 180 Teil­nehmer und 15 Aussteller zahl­reiche Lösungen, die Speicher für die Ener­gie­wende sein können und müssen. Im Blick­punkt dabei: Die Politik und das heute, am 20. September tagende Klima­ka­binett. Am 8. und 9. September 2020 wird die nächste EAST wieder in Erfurt stattfinden.

Hoch­qua­li­fi­zierte und unter­haltsame Refe­renten, ein sehr fach­kun­diges Publikum und natürlich inter­es­sante Spei­cher­lö­sungen für die Ener­gie­wende – das war der Kongress EAST, der sich den Spei­cher­pro­blemen der Ener­gie­wende widmete

Bereits am ersten Kongresstat sorgte Finanz­mi­nister a.D. Peer Stein­brück für einen kriti­schen Blick auf den derzei­tigen Stand der Ener­gie­wende. Der Ex-​Politiker ging vor allem mit seinem eigenen Berufs­stand hart ins Gericht und befürchtet mit Blick auf das am 20. September tagende Klima­ka­binett ein Minipaket, das weder Pend­ler­pau­schale noch Diesel­pri­vileg angreift, weil es niemanden weh tun will. Er beschei­nigte der Fridays for Future-​Bewegung, die Politik ordentlich durch­ge­schüttelt zu haben und erhofft sich von ihr eine ähnliche Wirkung wie seinerzeit die 68er Bewegung. Der Politik empfiehlt er eine Been­digung der Kompe­tenz­zer­split­terung für die Ener­gie­wende auf die verschie­denen Ressorts sowie eine schnellst­mög­liche Abschaltung aller Kohlekraftwerke.

Am zweiten Kongresstag sorgte Matthias Machnig für eine poli­tische Einordnung der Speicher in der Ener­gie­wende. Der Thüringer Wirt­schafts­mi­nister a.D. sieht in den Speichern den Missing Link der Ener­gie­wende und forderte von allen mittel­deut­schen Bundes­ländern eine Länder­ge­sell­schaft, mit der die 40 Milli­arden Euro ziel­ge­richtet und Forschung und Aufbau von intel­li­genten Ener­gie­sys­temen verwendet werden. Auch dadurch könnte man unab­hän­giger von den großen Spei­cher­pro­du­zenten China und Südkorea werden.

Vor zehn Jahren, so Machnig, hätte man das Wort „Ener­gie­wende“ nicht ins Englische über­setzen müssen. Deutschland war die Benchmark. Heute sei davon nicht mehr zu reden. Alle wesent­lichen Parameter der Ener­gie­wende würden verfehlt. Vom Klima­ka­binett erhofft er sich den großen Wurf, etwa in einer CO2-​Besteuerung, die auch Inves­toren Klarheit schaffen würde. Eine Ausweitung des Zerti­fi­ka­te­handels auf die Bereiche Verkehr und Wärme hält er hingegen für eine Mogel­pa­ckung, deren Reali­sierung mindestens drei Jahre bräuchte. Speziell für Speicher forderte er eine Befreiung von der EEG- Umlage.

Die Teil­nehmer der EAST nahmen dies zum Anlass, um die folgenden Forde­rungen an das am Freitag, 20. September, erstmals tagende Klima­ka­binett zu stellen:

  • Speicher müssen ohne Wenn und Aber von der EEG-​Umlage befreit werden. Das gilt auch für Tech­no­logien zur chemi­schen Spei­cherung wie PtX.
  • Für E‑Speicher müssen zur Einbindung in Strom­netze eindeutige recht­liche Rege­lungen gschaffen werden. Derzeit existiert ein Flickenteppich.
  • Der Bund muss mehr Mittel für Batte­rie­for­schung bereit­stellen und Batterie- und Kompo­nen­ten­her­steller fördern – nur damit kann die Abhän­gigkeit von ostasia­ti­schen Herstellern gelingen. Es darf nicht der gleiche Fehler wie bei der Photo­voltaik gemacht werden.
  • Die Wasserstoff-​Forschung und die Förderung der Infra­struktur durch den Bund muss ausgebaut werden, da Netz­über­schüsse nicht allein durch Batterien aufge­fangen werden können.

Die Länder Sachsen, Sachsen-​Anhalt und Thüringen nehmen dabei für die Ener­gie­wende und die Spei­cher­pro­ble­matik eine Schlüs­sel­rolle ein. Die Poten­ziale von Mittel­deutschland als Batte­rie­standort beleuchtete in seiner Keynote Michael Stelter. Der Professor an der Uni Jena sowie stell­ver­tre­tende Insti­tuts­leiter des auf kera­mische Werk­stoffe spezia­li­sierten Instituts Fraun­hofer IKTS beschei­nigte dabei allen drei Bundes­ländern und vor allem entlang der Autobahn A 4 eine hohe Dichte sowohl an Forschungs­ein­rich­tungen als auch Produk­ti­ons­stätten sowie Maschi­nen­bauern und Zulieferern.

Allein durch die in Sachsen ansäs­sigen Autobauer VW, Porsche und BMW würden in den nächsten Jahren deutliche Kapa­zi­täten an Lithium-​Ionen-​Batterien nach­ge­fragt. Zwei Produ­zenten, Farasis in Wolfen/​Bitterfeld und CATL demnächst in Erfurt, könnten diese Nachfrage bedienen. Hilfreich dabei sei eine speziell auf Speicher zuge­schnittene Förderung in Sachsen, Sachsen-​Anhalt und Thüringen, von denen insgesamt 110 Projekte profi­tieren würden. Die dabei aufge­bauten Kapa­zi­täten von 100 GWh im Jahr würden einem Viertel der gesamten euro­päi­schen Batte­rie­pro­duktion entsprechen. Die gesamte Wert­schöp­fungs­kette könnte, abgesehen von den Rohstoffen, deswegen in Mittel­deutschland abgedeckt werden.

In vier Workshops disku­tierten an den zwei Kongress­tagen ein sehr fach­kun­diges Publikum mit den insgesamt 30 Refe­renten. Vorge­stellt wurden etwa die in Thüringen entwi­ckelten alter­na­tiven Spei­cher­lö­sungen Redox Flow und Keramik-​Batterien, aber auch recht­liche Rahmen­be­din­gungen, die Rolle von Speichern im Ener­gie­markt oder ihre Unver­zicht­barkeit bei der Sektorkopplung.

Aus Sicht der Veran­stalter Messe Erfurt und VI-​Strategie verlief auch wegen dieses fach­kun­digen Publikums und der inter­es­santen Aussteller wie die Stadt­werke Erfurt (SWE), aber auch zahl­reiche Spei­cher­her­steller wie E3/​DC oder Xelectrix und die an der Orga­ni­sation betei­ligten Forschungs­ein­rich­tungen aus Mittel­deutschland die Messe erfolg­reich. Messe-​Chef Michael Kynast kündigte die nächste EAST für den 8. und 9. September 2020, wiederum in Erfurt, an.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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