Joachim Lang. Foto: Mako365

Ener­gie­ser­vice­an­bieter – die neue ener­gie­wirt­schaft­liche Marktrolle

von | 30. Juli 2022

Ein Beitrag von Joachim Lang, Mako365, für enwipo​.de

Die Ener­gie­wirt­schaft befindet sich durch die zuneh­mende Digi­ta­li­sierung in einem regel­mä­ßigen Verän­de­rungs­prozess. Somit müssen die, durch die Bundes­netz­agentur (BNetzA) defi­nierten Markt­kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zesse (MaKo), regel­mäßig angepasst werden. Mit der Mako2022 kommt zum 1. Oktober 2022 eine Verän­derung, die für viele Markt­teil­nehmer eine gewaltige Umstellung im Tages­ge­schäft bedeuten wird – die Einführung der neuen Mark­trolle „Ener­gie­ser­vice­an­bieter“ (ESA).

Jeder der als Basis für seine eigene Dienst­leistung auf aktuelle Ener­gie­ver­brauchs­daten ange­wiesen ist, kennt den Spieß­ru­tenlauf, bis die Daten vorliegen. Denn einen Anspruch auf den Erhalt der Daten gibt es regu­la­to­risch nicht, der bila­terale Anfra­geweg ist je Mess­stel­len­be­treiber meist verschieden und die Daten werden in den unter­schied­lichsten Formaten bereitgestellt.

Das ändert sich schlag­artig am 1. Oktober 2022 – viel­leicht nicht exakt an diesem Tag, da der Oktober an einem Samstag beginnt und mögli­cher­weise auch nicht schlag­artig, denn nicht alle Markt­teil­nehmer werden bis dahin alle neuen Prozess­vor­gaben umgesetzt haben. Aber zum 1. Oktober 2022 wird die neue ener­gie­wirt­schaft­liche Mark­trolle „Ener­gie­ser­vice­an­bieter“ offiziell eingeführt.

Die neue Mark­trolle Energieserviceanbieter

Die neue Mark­trolle erlaubt dem Ener­gie­ser­vice­an­bieter die Anfor­derung und den Erhalt von Ener­gie­daten (z.B. Strom­ver­brauchs­daten) bei Mess­stel­len­be­treibern. Sobald der ESA die Vollmacht vom Anschluss­nutzer vorliegen hat, kann er Ener­gie­daten beim zustän­digen Mess­stel­len­be­treiber anfordern. Hierbei kann es sich um den grund­zu­stän­digen oder auch einen wett­be­werb­lichen Mess­stel­len­be­treiber handeln. Nachdem der ESA die Daten erhalten hat, kann er diese dann zu eigenen Zwecken weiter­ver­ar­beiten, z. B. für Verbrauchs­vi­sua­li­sie­rungen, Daten­ana­lysen und Ausar­beiten von Ener­gie­ein­s­par­emp­feh­lungen oder vergleichbare Dienst­leis­tungen. Nur zu Abrech­nungs­zwecken dürfen die über diesen Weg erhal­tenen Daten nicht verwendet werden.

Die neue ESA-​Rolle führt zu einem einheit­lichen Standard bei der Daten­an­frage und einem einheit­lichen Format bei der Daten­lie­ferung. Damit gehören Probleme und Aufwände der Vergan­genheit an, bedeutet aber gleich­zeitig, dass Mess­stel­len­be­treiber ab dem 1. Oktober 2022 den Daten­versand nicht mehr unre­gu­liert und bilateral abwickeln werden, sondern einen markt­kon­formen Bestell- und Über­mitt­lungs­prozess einfordern.

Die neue Mark­trolle ist für jedes Unter­nehmen relevant, das regel­mäßige auf aktuelle Ener­gie­ver­brauchs­daten ange­wiesen ist. Damit sind viele Ener­gie­be­rater bzw. Ener­gie­be­ra­tungs­un­ter­nehmen und auch zahleiche Ener­gie­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen von der Verän­derung massiv betroffen.

Vorteile der Mark­trolle Energieserviceanbieter

Die wesent­lichen Vorteile der neuen Mark­trolle liegen in einem bundesweit einheit­lichen Standard und damit auch in der Möglichkeit der Prozess­au­to­ma­ti­sierung. Beispielhaft hierfür sei der einheit­liche Prozess zur Bestellung von Messdaten und das einheit­liche Format beim Erhalt der Daten genannt, auch wenn diese von unter­schied­lichsten Mess­stel­len­be­treibern bereit­ge­stellt werden. Aufgrund des Stan­dard­for­mates steigt die Daten­qua­lität, da Über­tra­gungs­fehler vermieden werden. Die Stan­dar­di­sierung ermög­licht eine Auto­ma­ti­sierung u.a. durch die Imple­men­tierung offener Programmierschnittstellen.

Heraus­for­de­rungen der Energieserviceanbieter

Da es sich um eine neue Mark­trolle im deutschen Ener­gie­markt handelt, basiert der stan­dar­di­sierte Daten­aus­tausch aller­dings auf den ener­gie­wirt­schaft­lichen sog. Markt­kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zessen (MaKo) und auf Standard-​Datenformaten wie z.B. MSCONS.

Der ESA muss sich im Prozess beim zustän­digen Mess­stel­len­be­treiber mittels der bei der ESA-​Registrierung zuge­wie­senen Marktpartner-​ID iden­ti­fi­zieren. Der Daten­aus­tausch erfolgt ausschließlich durch sog. EDIFACT-​Übertragungsdateien und die Markt­kom­mu­ni­kation muss zu den fest­ge­legten Prozessen und der sog. 1:1‑Kommunikation erfolgen. Darüber hinaus müssen die halb-​jährlichen Format­an­pas­sungen verpflichtend zum jewei­ligen Stichtag umgesetzt werden.

Viele Unter­nehmen, für die die neue Mark­trolle inter­essant bzw. notwendig ist, haben bisher weder mit der der ener­gie­wirt­schaft­lichen Markt­kom­mu­ni­kation, noch mit den entspre­chenden Daten­for­maten Berüh­rungs­punkte gehabt und somit weder Erfahrung noch die system­tech­ni­schen Voraussetzungen.

Lösungs­mög­lich­keiten

Insofern ist es höchste Zeit zu prüfen, wie die ESA-​Rolle im Rahmen der eigenen Rahmen­be­din­gungen umgesetzt werden kann – die Frage ist make-or-buy.

Bei der „Make“-Entscheidung sollten die notwen­digen Voraus­set­zungen und Know How, sowie der regel­mäßige Aufwand durch die halb­jähr­lichen Format­an­pas­sungen nicht unter­schätzt werden. Für eine „Buy“-Entscheidung spricht die Umsetzung ohne eigenen Know-​How-​Aufbau, weder zur Markt­kom­mu­ni­kation noch zu den Daten­for­maten, und dass keine aufwän­digen System­vor­aus­set­zungen geschaffen werden müssen. Aller­dings wird schnell klar werden, dass es aktuell noch nicht allzu viele Lösungen am Markt gibt, da es sich um eine völlig neue Mark­trolle handelt.

Der BPO-​Dienstleister und Markt­kom­mu­ni­ka­ti­ons­experte Mako365 GmbH schließt mit seiner ESA-​App-​Entwicklung genau diese Lücke und bietet explizit für Ener­gie­ser­vice­an­bieter ein einfaches, intui­tives und mandanten-​fähiges Mess­stel­len­ver­wal­tungs­portal auf SaaS-​Basis an. Über dieses Portal erfolgt sowohl die offi­zielle Bestellung von Ener­gie­daten für ausge­wählte Mess­stellen beim zustän­digen Mess­stel­len­be­treiber als auch der Erhalt der bestellten Daten und werden dann in den gängigen bzw. gewünschten Formaten zum Download oder per Program­mier­schnitt­stelle (API) bereitgestellt.

Neben der ESA-​App bietet Mako365 mit seinem Experten-​Team auch beglei­tende Dienst­leis­tungen an, wie z.B. Unter­stützung bei der Regis­trierung als ESA, der notwen­digen Zerti­fi­kats­be­schaffung und bei Bedarf die Übernahme von manuellen Prozess­schritten und Abstim­mungen mit Mess­stel­len­be­treibern, so dass der ESA sich auf seine Kern­auf­gaben konzen­trieren kann.

Die ESA-​Rolle gilt zu Beginn nur für Strom­zähler und wird später auf Gas und weitere Medien erweitert. Inno­vative Mess­stel­len­be­treiber werden den stan­dar­di­sierten ESA-​Weg für Gas, Fernwärme und Wasser voraus­sichtlich auch schon früher nutzen.

Aktuelle Rechts­auf­fas­sungen gehen davon aus, dass nach der offi­zi­ellen Einführung der Mark­trolle Ener­gie­ser­vice­an­bieter dies kurz- bis mittel­fristig der einzige Weg für den Erhalt von aktuellen Verbrauchs­werten von Mess­stel­len­be­treibern sein wird.

Daraus ergibt sich für Unter­nehmen, die auch nach dem 1. Oktober 2022 auf aktuelle Ener­gie­ver­brauchs­daten ange­wiesen sind, ein gewisser Hand­lungs­druck. Dafür über­wiegen im Tages­ge­schäft aber die Vorteile der neuen Mark­trolle, so dass ein inten­sives Ausein­an­der­setzen damit gut inves­tierte Zeit ist.

Mehr unter www​.mako365​.com

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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