Wo der Bauer mit Heizöl über den Acker düsen konnte, liegt unser größtes Nachbarland. Der französische Brenn- und Treibstoffmarkt hat etliches Skurrile zu bieten. Doch die rückläufige Tendenz im Heizölhandel hat die Heimat von Gitanes und Zidane mit uns gemein.
Nur jeder Sechste heizt mit Öl
Der signifikanteste Unterschied zwischen dem französischen und dem deutschen Wärmemarkt liegt im Energieträgermix. In beiden Ländern ist Erdgas zwar der beliebteste Brennstoff, doch Heizöl verbrennt statistisch gesehen nur jeder sechste Bewohner unseres größten Nachbarlandes. Hierzulande ist es fast jeder Dritte. Diese Rolle nimmt in Frankreich der Strom ein. 32 Prozent der Franzosen heizen damit – eine Errungenschaft eines Strommixes, der 80 Prozent aus billig produzierenden Atommeilern bezieht. Zum Vergleich: Hierzulande heizen gerade einmal 4 Prozent der Bevölkerung mit Elektrizität.
Auch bei den Bestellmengen hinken die Franzosen hinterher. Während zwischen Rhein und Oder durchschnittliche Bestellmenge 2000 bis 2500 Liter beträgt, sind es zwischen Atlantik und Rhein lediglich 1300 bis 1800 Liter. Franzosen sind dabei keineswegs sparsamer oder umweltbewusster. Sie haben einfach kleinere Wohnungen, und zwar 110 Quadratmeter (gegenüber 140 Quadratmetern in Deutschland).
Dies ist einer der Gründe, warum in Frankreich immer weniger Heizöl verkauft wird. 2010 waren es 12,8 Millionen Tonnen – rund 6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Und rund 3 Millionen Tonnen oder 21 Prozent weniger als noch 10 Jahre zuvor. „Das alles führt über kurz oder lang dazu, dass sich die Zahl der Heizölhändler bei uns in den nächsten 10 Jahren halbieren wird“, schätzt Elisabeth Charrier vom Französischen Verband für Brennstoffe, Treibstoffe und Heizung (FF3C), der rund 1.800 Firmen vertritt.
Bis Mai 2011 durften die Bauern Heizöl in Traktoren und andere Landmaschinen kippen und damit auf dem Acker rumkurven. Damit ist Schluss. Der Gesetzgeber sorgte allerdings für einen Ersatz, den sogenannten Off-Road-Diesel, der die bisher gängige Praxis ersetzen soll. Er ist steuerbegünstigt, allerdings etwas teurer als das deutlich weniger besteuerte Heizöl, das man übrigens auch an Tankstellen im eigenen Kanister zapfen kann.
Apropos Steuern: Die Mehrwertsteuer liegt in Frankreich um 1 Prozent über der in Deutschland. Zudem wird eine Verbrauchssteuer je Kubikmeter fällig, und zwar in Höhe von 21,90 Euro. Ebenso wie in Deutschland gibt es eine Abgabe für die staatliche Reserve für Krisenzeiten in Höhe von 0,3 Cent je Liter HEL. Fällig ist zudem eine CO2-Abgabe auf Heizöl – und zwar seit 2016 in Höhe von 22 Euro je Tonne CO2.
Noch eine Besonderheit: „Es gibt bei uns ein spezielles Energieeinsparungprogramm, das Certificat d’Economies d’Energies“, so Charrier. „Die Energielieferanten müssen jedem Energiebenutzer helfen, Energie zu sparen, indem sie etwa raten, die Heizkessel zu modernisieren.“ Für alles gebe es einen kWh-Wert. Erfülle zum Beispiel ein Heizöllieferant dieses Programm nicht, muss er eine Strafsteuer von 0,24 Euro je Liter zahlen. Erinnern tut das ein wenig an die neue Dienstleistungsrichtlinie in Deutschland.
Diesel dominiert bei Treibstoffen
Eine Tendenz, die sich auch bei uns schon seit einigen Jahren abzeichnet, hat in Frankreich schon längst den Durchbruch geschafft: Diesel ist der alles bestimmende Kraftstoff – VW-Krise hin oder her. Davon wurden 2010 immerhin 33,6 Millionen Tonnen verkauft, 2 Prozent mehr als im Jahr zuvor und satte 23 Prozent über dem Niveau zur Jahrtausendwende. Rund 5 Millionen Tonnen davon werden übrigens vom dortigen Heizölmittelstand transportiert und vertrieben.
Alle Benzinsorten zusammen bringen es hingegen nur auf magere 8,2 Millionen Tonnen. Tendenz: sinkend, und zwar um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 24 Prozent weniger als im Jahr 2000. Darunter befindet sich übrigens auch E10 mit rund 1 Million Tonnen, dessen Einführung dort übrigens geräuschlos verlief. Zum besseren Verständnis der Absatzzahlen: von 2000 bis 2010 stieg der Anteil der Fahrzeuge in Frankreich um gut 6 Prozent auf heute über 31 Millionen Kfz an.
Geschrieben für Brennstoffspiegel und aktualisiert für diesen Blog. Der vollständige Beitrag ist nur in der Ausgabe 08/2011 zu lesen. Zum kostenfreien Probeabo geht es hier.
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