Foto: USDA/Wikimedia

Prognose: Sommer 2014 wird heiß und feucht

von | 20. Juni 2014

An dieser Stelle wollen wir – pünktlich zum morgigen Sommer­beginn – uns an einer Prognose für das Sommer­wetter wagen. Das ist für Ener­gie­ver­braucher zwar nicht so entscheidend wie das Winter­wetter. Für Eigen­erzeuger von Photovoltaik-​Strom oder Nutzer von Solar­thermie ist es jedoch schon wichtig zu wissen, ob die Sonne den Sommer über scheint oder sich eher versteckt.

(Titelbild: Foto: USDA/​Wikimedia)

Wie immer hilft uns dabei der renom­mierte Leipziger Agrar­me­teo­rologe Dr. Jurik Müller. Hier nun seine Analyse, bei der er sich auf Bauern­regeln stützt. Diese werden zwar oftmals belächelt. Dennoch geben sie jahr­hun­der­te­lange Beob­ach­tungen des Wetters wieder und treffen mit einer Wahr­schein­lichkeit von 70 Prozent zu.

Hier nun die Analyse von Dr. Müller:

Nach der mit reich­lichem Sonnen­schein verbun­denen Juniglut um Pfingsten, – es war das wohl wärmste Pfingstfest seit Aufnahme regel­mä­ßiger meteo­ro­lo­gi­scher Messungen -, erscheint eine Sommer­pro­gnose gar nicht so schwierig. So lässt ein Reim wissen:

Zeigt häufig kühl im April und Mai sich die Zeit,

hält sie auch von Juni bis November viel Kühle bereit,

doch wenn April und Mai sich zu warm gestalten,

wird auch von Juni bis November viel Wärme walten“.

Die Regel kann sich durchaus blicken lassen. Liegt das Zwei­mo­nats­mittel der Luft­tem­pe­ratur für den zweiten und dritten meteo­ro­lo­gi­schen Früh­lings­monat unter dem Normwert, dann liegt das aus dem meteo­ro­lo­gi­schen Sommer und dem meteo­ro­lo­gi­schen Herbst resul­tie­rende Sechs­mo­nats­mittel der Luft­tem­pe­ratur in zwei von drei Fällen auch unter dem lang­jäh­rigen Durch­schnittswert. Einem zu hohen Zwei­mo­nats­mittel für April und Mai folgt ebenfalls in zwei Drittel aller Fälle ein über der Norm liegendes Sechs­mo­nats­mittel für die Zeit von Juni bis November. Immerhin waren sowohl der Monat April als auch der Mai deutlich zu warm. Mit durch­schnittlich 10,9 °C in Deutschland war der April 3,5 K wärmer als im Mittel der inter­na­tio­nalen Refe­renz­pe­riode 196190. Damit erwies sich der April 2014 als der viert­wärmste seit Mess­beginn 1881. Im Vergleich mit der inter­na­tional gültigen Refe­renz­pe­riode 1961 bis 1990 fiel auch der Mai mit durch­schnittlich 12,5 °C um 0,4 K wärmer aus. Damit lag das Zwei­mo­nats­mittel für den April und Mai knapp 2 K über dem Normalwert.

Da die Aussage obiger Regel sich auf einen Halb­jah­res­zeitraum bezieht, lässt sie aller­dings keine detail­lierte Prognose für kürzere Zeit­ab­schnitte innerhalb desselben zu. Aller­dings ist die mit der Regel verbundene Prognose für den Zeitraum Juni bis November nicht von unter­ge­ord­neter Bedeutung, deckt sie doch die als Früh­sommer, Hoch­sommer, Spät­sommer, Früh­herbst, Voll­herbst und Spät­herbst bezeich­neten phäno­lo­gi­schen Jahres­zeiten ab. Das betrifft die Zeit von der Margeriten- und Klatsch­mohn­blüte über die Johan­nis­kraut­blüte, die Frucht­reife der Eberesche, die Blüte des Heide­krauts, die Winter­wei­zen­ernte, die Frucht­reife des Schwarzen Holunders sowie der Ross­kas­tanie bis hin zum Blattfall der Rotbuche und zum Auflaufen des neu gedrillten Winter­weizens. Natürlich kann an dieser Stelle nur ein kleiner Teil der phäno­lo­gi­schen Entwick­lungs­phasen genannt werden.

Hier helfen weitere Bauernegel:

Wenn der Frühling Wärme bringt, bis weit in den Herbst die Grille singt“.

Da auch der März über­wiegend warm und trocken ausge­fallen war, – die Monats­mit­tel­tem­pe­ratur für Deutschland lag mit rund 7,0 °C um 3,5 K über dem Sollwert der inter­na­tional gültigen Refe­renz­pe­riode 1961 bis 1990 -, stehen die Chancen auf einen warmen Sommer gar nicht so schlecht. In diesem Zusam­menhang sei beispiels­weise an die Jahre 1976 und 2003 erinnert. Grillen können als lebende Ther­mo­meter angesehen werden. Je mehr Zirptöne pro Zeit­einheit, desto wärmer die Luft in der Umgebung der Grille.

Lässt Norbert (06.06.) der Sonne freien Lauf, folgt ein heißer Sommer drauf“.

Erinnern wir uns. Zum Namensfest des heiligen Norbert von Xanten, der als Schutz­patron Böhmens gilt, begann mit einset­zendem Tempe­ra­tur­an­stieg und vielerorts reich­lichem Sonnen­schein. Die erste größere Hitze­welle dieses Jahres.

Hält die Sonne um Adalar (07.06.) die Wolken in Schach, sorgen Hitze­ge­witter im Juli für Krach“.

Adalar, der als erster Bischof von Erfurt, Glau­bensbote und Märtyrer verehrt wird, bescherte dank eines Hoch­druck­ge­bietes mit der Bezeichnung „Wolfgang“ herr­liches Wetter, gebiets­weise mit Höchst­tem­pe­ra­turen über 30 °C.

Wie’s Wetter auf Medardus (08.06.) fällt, es bis zum Mondes Schluss anhält“, „Was Sankt Medardus für Wetter hält, solch’ Wetter auch in die Ernte fällt“ und „An Sankt Medardus wird ausge­macht, ob vierzig Tag’ die Sonne lacht“.

Als ein bedeu­tender Lostag im Jahres­verlauf gilt Sankt Medardus. Er ließ „Klärchen“ unbarm­herzig vom Himmel brennen und damit für Bullen­hitze sorgen. Rechnet man genau nach, wird man fest­stellen, dass der Medardustag exakt auf den hundertsten Tag nach dem alten römischen Jahres­anfang am 01. März fällt. Mitunter wird gesagt, dass Medardus das Tor zum Sommer aufstößt. Meist aber liegt sein Tag vor der soge­nannten „Schafs­kälte“, die sich norma­ler­weise erst in der dritten Juni­halb­dekade einzu­stellen pflegt.

Macht Morgentau an Margarete (10.06.) nass die Schuhe, erfreut sich der Sommer sonniger Ruhe“.

Auch Margarete von Schottland, die in der Kunst in könig­lichem Gewand mit Krone zu Füßen oder als Nonne mit kranken Menschen darge­stellt wird, um 1046 im unga­ri­schen Reska als Tochter des dorthin verbannten engli­schen Königs Eduard Atheling und der unga­ri­schen Prin­zessin Agathe zur Welt kam, sich aufop­fernd um Arme und Kranke gekümmert haben soll und im Jahre 1093 in Edinburgh starb, zeichnete sich vielerorts durch „Back­ofen­hitze“ bis zu 38 °C aus. Morgentau deutet auf Hoch­druck­wetter hin. Hoch „Wolfgang“ hatte sein Pulver noch nicht verschossen. Ob ange­sichts mögli­cher­weise voran­ge­gan­gener „tropi­scher“ Nacht es wirklich zur Taubildung kam, sei aller­dings dahingestellt.

Wenn Barnabas (11.06.) bringt Regen, so gibt es viel Trau­ben­segen“.

Um und an Barnabas gab es teils ergiebige Schauer und Gewitter. Ein reicher Segen an quali­tativ hoch­wer­tigen Trauben ist aber nur zu erwarten, wenn sich die darauf­fol­genden Sommer­wochen sich über­wiegend heiter bis sonnig und warm gestalten.

Also alles in Butter für einen sonnigen und warmen Sommer? Fast, doch es gilt noch die Sieben­schlä­fer­re­gelung zu beachten:

Wenn die Sieben Brüder (10.07.) Regen kochen, regnet’s vier bis sieben Wochen“.

Wie sich das Wetter um Sieben­brüder gestaltet, so wird es in den nörd­lichen Binnen­land­re­gionen in zwei von drei und im Süden in vier von fünf Jahren im Hoch­sommer sein. Während Nieder­schlags­armut um Sieben­brüder in den sieben Folge­wochen meist eine unter­durch­schnitt­liche Zahl an Regen­tagen beschert, hat regne­rische Witterung um den Sieben­brü­dertag häufig eine über­durch­schnitt­liche Anzahl an Tagen mit Nieder­schlag zur Folge. Das hängt damit zusammen, dass sich das Stark­windband in den höheren Atmo­sphä­ren­schichten, der soge­nannte Jetstream, im Laufe der ersten Juli­dekade auf seine endgültige mittlere sommer­liche Lage einge­pendelt hat. Befindet sich diese weit im Norden, so bewegen sich die mit der starken Höhen­strömung vom Atlantik nahenden Tiefs auf einer von Mittel­europa weiter entfernten Zugbahn, so dass hiesige Gefilde in stärkerem Maße in den Einfluss­be­reich hohen Luft­drucks (Azorenhoch) geraten. Weist jedoch das Stark­windband eine südli­chere Lage auf, so wandern die atlan­ti­schen Tiefs über die Nordsee und das Baltische Meer ostwärts. Ihre Fronten sorgen dann hier­zu­lande für wech­sel­hafte, zu Nieder­schlägen neigende Witterung und lassen eine nach­haltige Wetter­be­ru­higung nicht zu.

FAZIT:

Der Sommer wird sich, was den rest­lichen Juni, den Juli, August und September angeht, zu warm und verhält­nis­mäßig sonnig gestalten. Die Nieder­schläge werden für eine ausrei­chende Wasser­ver­sorgung der Pflan­zenwelt sorgen. Diese Schluss­fol­gerung wird auch durch die nach­fol­genden Bauern­regeln gestützt:

Dem Golde gleich ist Märzen­staub, er bringt uns Korn und Gras und Laub“. 

Wenn trocken sich das Frühjahr zeigt, das Feld zu reicher Ernte neigt“. 

Dr. Jurik Müller: Die beste Bauernregel für jeden Tag. 365 Regeln, die wirklich stimmen. Grafik: BLV Verlag

Dr. Jurik Müller:
Die beste Bauern­regel für jeden Tag. 365 Regeln, die wirklich stimmen. Grafik: BLV Verlag

Gerade wurde im BLV Verlag München das neue Buch von Dr. Jurik Müller veröffentlicht:

Die beste Bauern­regel für jeden Tag. 365 Regeln, die wirklich stimmen

  • 160 Seiten
  • 123 Farbfotos, 16.722.0 cm,
  • Broschiert
  • ISBN9783835412057

Es kann hier bestellt werden.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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