LNG, also bei großer Kälte verflüssigtes und transportiertes Erdgas, spielt bisher bei Schiffsantrieben in Deutschland noch keine große Rolle. Das sagte Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), der Deutschen Presse-Agentur.
Grund sei die fehlende Wirtschaftlichkeit. Die Investitionen für eine Umrüstung lägen pro Schiff 30 % über denen eines herkömmlichen Schiffsantriebes, was zweistellige Millionenbeträge bedeute. Bisher fahre in Deutschland kein Schiff mit LNG, das ohne öffentliche Förderung ausgekommen sei.
Dabei müssen sich die Reeder dennoch überlegen, wie sie in Zukunft die strengeren Anforderungen in Nord- und Ostsee erfüllen. Das massenhafte Verbrennen von Schweröl – bisher Haupttreibstoff der Seefahrt – wird zumindest in Hafennähe bald ein Ende haben.
Bereits seit 2005 bestehen für die Ost- und seit 2006 für die Nordsee Kontrollen für Schiffsemissionen (Emission Control Areas = ECAs). Diese sollen die Schwefelemissionen am Schornstein zu reduzieren. In diesen meist hafennahen Gebieten gilt für Schiffskraftstoffe eine Schwefelbegrenzung von 1,0 Prozent (seit 2010), die auf 0,1 Prozent ab 2015 sinken wird. Das ist mit Schweröl nicht mehr zu erreichen. Als Optionen stehen grundsätzlich folgende vier Lösungen zur Wahl:
- Einbau einer Abgasreinigungsanlage, so genannter Scrubber, für Schiffe. Die Investitionskosten können bei bis zu 10 Mio. Euro je Schiff liegen.
- Die bereits erwähnte Nutzung von verflüssigtem Erdgas (LNG) als Kraftstoff. Allerdings steht hierfür noch keine flächendeckende Infrastruktur zur Verfügung. Bis 2025 soll es jedoch in allen 139 europäischen Seehäfen LNG-Tankstellen geben.
- Marine Gasoil (MGO) oder Marine Diesel Oil (MDO), ein aus Mitteldestillat hergestellter, dieselartiger Kraftstoff,
- Bezahlen der Strafen.
LNG bietet sich deshalb an, da es in Häfen mit LNG-Terminals angelandet werden kann und ein an sich schon hoch verdichteter Treibstoff ist. In Deutschland ist dies eine Technologie, die noch in den Kinderschuhen steckt. Die MS Ostfriesland fährt als erstes LNG-Schiff seit Juni unter deutscher Flagge. Zudem hat nur die Meyer Werft einige Aufträge für große Kreuzfahrtschiffe, die nur mit LNG fahren, von den Reedereien Aida und Costa Crociere. Und: Im Hamburger Hafen werden die Aida-Kreuzfahrtschiffe mittels LNG-Barge mit Strom versorgt, aber eben nicht auf hoher See.
Ein Blick zu unseren Nachbarn in den Niederlanden zeigt, wie es gehen könnte. Denn die nehmen im europäischen LNG-Markt mit dem weltgrößten Hafen in Rotterdam eine Schlüsselstellung ein. Für Schiffe gibt es hier ein eigenes LNG-Bunkersystem.
Der dortige „Green Deal“, ein Bündnis zwischen Regierung, Nicht-Regierungs-Organisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen setzt eben auch auf LNG. Noch in diesem Jahr sollen hier 50 Binnen- und 50 Seeschiffe auf LNG-Antrieb umgerüstet werden. Sicher ist auch hier staatliche Unterstützung vonnöten. Aber die hat eher den Charakter einer Geburtshilfe. Sicher nicht zu wenig, wenn es darum geht, mit dem Schweröl einen der umweltschädlichsten Treibstoffe zu verbannen.
Vorschaubild: Die MS Ostfriesland der AG Ems, das erste LNG-Schiff unter deutscher Flagge,hat am 17.6.2015 in Borkum im Rahmen der Gästefahrt angelegt. Foto: Dr. Karl-Heinz Hochhaus /Wikimedia /unter Lizenz CC BY 3.0
Vielleicht könnte die „LNG Hybrid Barge” zumindest die Infrastruktur-Probleme beheben. Das Konzept eines „schwimmenden Kraftwerks” war einer der Preisträger der diesjährigen GreenTec Awards .
Voraussetzung bleibt natürlich, dass die Reedereien ihre Schiffe entsprechend mit LNG-Antrieben ausstatten.