Aktuell macht mal wieder ein Terminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) die Runde. Derzeitiger Traum-Standort: Brunsbüttel. Dabei genügt ein Blick immer der Küste entlang in südwestlicher Richtung, um zu sehen, wie schwer dies in Deutschland durchzusetzen ist. Denn in Wilhelmshaven versucht man sich bereits seit den 70er Jahren, einen Flüssiggas-Terminal zu realisieren. Passiert ist bisher: nichts.
Und das hat, wie schon zu vermuten, rein wirtschaftliche Gründe. Die für die Planungen zuständige Deutsche Flüssiggasterminalgesellschaft (DFTG) könnte zwar jederzeit loslegen. Planungsrechtlich und erlaubnistechnisch ist alles vorhanden. Doch die Nachfrage lässt zu wünschen übrig. 2007 wurden zuletzt Regasifizierungskapazitäten ausgeschrieben, also der Bedarf, der an entspanntem LNG besteht,der direkt ins Netz eingespeist wird. Die Nachfrage war viel zu gering.
Die Befürworter von Brunsbüttel nun gehen davon aus, dass ein neuer Bedarf direkt an LNG besteht, so dass dieses nicht entspannt werden muss. Märkte werden tatsächlich entstehen, und zwar im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt. Bei den LKW sind unsere holländischen Nachbarn gerade dabei, die LNG-Antriebstechnik für die Brummis alltagstauglich zu machen – mit staatlicher Unterstützung des so genanten Green Deals. Davon profitieren auch Schiffe. Bei denen wird es ab 2020 auch so sein, dass sie nicht nur in hafennahen Gewässern auf den bisherigen Schwerölantrieb verzichten müssen, sondern auch auf hoher See. LNG wäre eine Alternative. Detusche Reeder sträuben sich jedoch, da ein LNG-spezifizierter Schiffsmotor gut 30 % mehr kostet als sein konventioneller Pendant.
Brunsbüttel nun wuchert mit einer Beteiligung des Logistikers VTG. Der will, erstmals weltweit, eine Schienenlogistik für LNG aufbauen. Doch darin liegt auch die große Gefahr für Brunsbüttel. Denn wenn dies erst mal steht, könnte Deutschland auch vom nahen Ausland aus mit LNG beliefert werden. Rotterdam mit dem weltgrößten LNG-Terminal ist gerade mal 600 Kilometer entfernt, und Polen mit dem bereits im Bau befindlichen Terminal in Świnojście sogar nur 400 Kilometer – ein Klacks für Schienenlogistiker. Doch nicht nur diese Länder sind Deutschland weit voraus. Allein in der EU existieren bisher 20 LNG-Import-Terminals, 7 weitere sind in Planung. Und: Diese sind bisher nur zu maximal 20 % genutzt, also herrscht ein deutliches Überangebot an LNG-Terminals.
Zudem wurden und werden diese Auslands-Terminals indirekt von der Bundesregierung unterstützt. In einer entsprechenden Antwort auf eine Anfrage der Grünen vom Mai letzten Jahres heißt es:
Die Bundesregierung hat die Gasversorgungsunternehmen beim Erwerb von LNG-Mengen und von Regasifizierungskapazitäten im benachbarten Ausland politisch unterstützt und wird dies auch in Zukunft tun.
Somit stehen die Chancen weiterhin sehr schlecht für einen deutschen LNG-Terminal.
Vorschaubild: Der im Bau befindliche LNG-Terminal von Świnoujście. Foto: YarluFileBot /Wikimedia /Lizenz unter CC BY-SA 3.0
Hallo,
gute Analyse.
Hinzu kommt folgendes:
Im Osten (Polen, Litauen) ergeben die LNG Terminals begrenzt Sinn, um gegenüber dem bisherigen Hauptlieferanten die Verhandlungsposition zu stärken.
Die Wirtschaftlichkeit kommt dann ironischerweise nicht durch die Nutzung der Terminals, sondern der Preisnachlässe bei russischem Pipelinegas.
Im Westen (Holland, Frankreich, Belgien, Großbritannien) sind die Terminals auch sehr unterschiedlich ausgelastet, dienen aber oft als Ausweg, um den preislich höhere Märkte (Ostasiaen, tlw. Südamerika) vor Preisverfall bei Überproduktion zu schützen.
Alles in allem aber viel freie Kapazität in Ost und West um Gas per Bahnwagen oder sogar per LKW nach Deutschland zu bringen. Nicht umsonst fährt seit einigen Jahren ein polnisches Unternehmen (DUON) LNG im LKW Containertank von Belgien nach Polen und versorgt dort abgelegene Industriestandorte.