Foto: Urbansky

Ener­gie­wende digi­ta­li­siert: 80-%-Ziel nicht zu erreichen

von | 29. September 2015

Die EU will, das 80 % der Endver­braucher euro­paweit mit intel­li­genten Strom­mess­ge­räten ausge­stattet werden. Die Bundes­re­gierung nun legte am 21. September 2015 einer Refe­ren­ten­entwurf zur Diskussion vor, um dieses Ziel anzugehen. 

Das Gesetz zur Digi­ta­li­sierung der Ener­gie­wende soll ab 2017 in Kraft treten und nach und nach diese 80 % der Strom­kunden einbe­ziehen. Dabei machen alle Verbraucher von über 10.000 kWh ab 2017 den Anfang. Ab 2020 sollen dann auch kleinere Abnehmer ab 6.000 kWh Jahres­ver­brauch folgen.

Etwas schlei­erhaft ist, wie man bei diesen hohen Grenzen auf die 80 Prozent deren Kunden kommen will. Zwar machen die privaten Haushalte in Deutschland nur etwas mehr als ein Viertels des hiesigen Strom­ver­brauchs aus. Doch sie stellen mit gut 40 Millionen Haus­halten im Gegensatz zu etwa mehr als 3 Millionen Firmen und das Gros der Kunden. 

Doch der größte Teil von ihnen kommt nie und nimmer auf die 6.000 kWh. Selbst der Strom­preis­spiegel geht nur bei einem 4‑Personen-​Haushalt mit mittleren bis hohen Verbrauch davon aus, dass die 6.000-kWh-Grenze geknackt werden könnte. Doch die Realität in einem immer effi­zi­enter werdenden Deutschland sieht anders aus. Ein Beispiel: ein 4‑Personen-​Haushalt in einem KfW-​70-​Haus benötigt kaum mehr als 2.500 bis 3.000 kWh im Jahr. 

Dieser Einteilung ging eine Analyse des Bundes­wirt­schafts­mi­nis­te­riums voraus. Dabei wurden folgende Einspar­po­ten­ziale ermittelt:

Verbrauch in kWh
Einspar­po­tenzial in Euro
bis 2000
3
bis 3000
10
bis 4000
20
bis 6000
40
über 6000
80

Daraus folgt, dass ein solcher „Rollout“ bei Gering­ver­brau­chern mehr Kosten verur­sachen als Nutzen bringen könnte. Eine Ausnahme gibt es: Mess­stel­len­be­treiber können weitere Verbraucher unter Einhaltung äußerst strikter Preis­ober­grenzen einbe­ziehen, wenn sie dies für sinnvoll erachten. Doch dies scheint anfechtbar.

Bleibt die Einteilung so, würden voraus­sichtlich nur 13 % der Haushalte, also 5,2 Millionen Haushalte, die wohl mehr als 6.000 kWh verbrauchen. Im Trend verschärft sich das sogar. 2030 werden in Deutschland nur noch 9 % der Haushalte von vier und mehr Personen bewohnt. Hinzu kämen noch die genannten Firmen und öffent­liche Einrich­tungen, die in aller Regel deutlich mehr als 6.000 kWh verbrauchen. 

Nach Angaben des BMWi würden aktuell und ab 2017 rund 2 Millionen Mess­stellen im Bereich ab 10.000 bis 100.000 kWh Jahres­ver­brauch und 300.000 Zähl­punkte ab 100.000 kWh unter das neue Gesetz fallen.

Das postu­lierte 80-%-Ziel der Letzt­ver­braucher wird so aber definitiv nicht zu erreichen sein und war vor allem wohl eines – eine rein poli­tische Zahl, losgelöst von den Stromverbrauchs-Realitäten.

Vorschaubild: Urbansky

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

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