Nachdem gestern an dieser Stelle das Nichterreichen der Wärmewende-Ziele im Mittelpunkt stand, geht es heute um die zukünftige Rolle von Nah-sowie Fernwärmenetzen, die ebenfalls in der Metaanalyse „Energiewende im Wärmesektor“ der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) behandelt wurden.
Dabei wird in der Studie das Paradoxon klar skizziert:
Ein sinkender Wärmebedarf von Gebäuden und niedrigere Vorlauftemperaturen stellen die traditionelle leitungsgebundene Versorgung mit Fernwärme vor neue Herausforderungen. Bei einem abnehmenden Wärmeabsatz, aber gleich bleibenden Fixkosten für die Wärmeverteilung sinkt ihre Wirtschaftlichkeit.
Gleiches gilt natürlich auch für Erdgasnetze. Wie nun ist dieses Dilemma zu lösen?
Dezentral auf dem Lande
Hoch verdichtete Siedlungsräume können nach Meinung fast aller Studien auch in Zukunft wirtschaftlich mit Fernwärme beheizt werden. Nur die Prognos-Studie greift das Paradoxon konsequent auf und geht davon aus, dass die hohen Fixkosten der Wärmenetze nicht in eine Welt mit geringem Wärmeenergiebedarf passen. Sie prognostiziert, dass Gebäude bei geringeren flächenbezogenen Wärmedichten im ländlicher Raum und bei Neubaugebieten dezentral und oft über Strom, etwa von Wärmepumpen, versorgt werden. Im urbanen Umfeld könnte langfristig auch durch die meist vorhandene Gasnetz-Infrastruktur eine Verdrängung bestehender Wärmenetze stattfinden. Die Versorgung könnte dann über EE-Gas erfolgen. Allerdings ist hier schon ein Widerspruch vorprogrammiert: Auch Gasnetze werden sich kaum wirtschaftlich auslasten lassen,wenn dies schon mit Fernwärme nicht gelingt.
Alle anderen Wissenschaftler drängen ganz nach dem Vorbild Dänemarks darauf, Erneuerbare in diese Netze zu integrieren. Wie dies geschehen könne, darüber gehen die Meinungen jedoch auseinander.
Berechtigung bei Großabnehmern
Da große Miets- und Bürohäuser sowie Altbauten ihren Wärmebedarf trotz energetischer Sanierung lokal nicht emissionsfrei decken können, könnten sie leitungsgebunden mit Wärme aus KWK, etwa auf Basis von Biomasse oder EE-Gas, Industrieabwärme, EE-Überschussstrom wie Power-to-Heat, Solarthermie und Geothermie versorgt werden.
Durch die Skaleneffekte bei großen Anlagen wäre die Einbindung erneuerbarer Wärmequellen über Wärmenetze deutlich kostengünstiger als auf der Ebene einzelner Gebäude. So sieht das Szenario von DLR, IWES und IfnE insbesondere durch den Zubau von Nahwärme aus Solarthermie und tiefer Geothermie den Fernwärmeanteil der Erneuerbaren Energien am Raumwärme-Endenergieverbrauch von heute vier Prozent auf 40 Prozent im Jahr 2050 steigen.
Wie es auch sei: Sinnvoll wäre es allemal, die vorhandene Netzinfrastruktur zu nutzen. Dänemark zeigt derzeit zumindest im Nahwärmebereich, wie das nicht erst in der Zukunft, sondern schon heute geht.
Vorschaubild: Prozesswärmekessel einer Fernwärmeanlage. Foto: BDH
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