Wasserstoff-Brennstoffzelle ist effizeint, aber die Infrastruktur steckt in den Kinderschuhen. Foto: US Navy

Wasser­stoff im Auto: Verbrenner oder Brennstoffzelle?

von | 30. Juni 2016

E‑Mobilität ist nicht nur Batterie, E‑Mobilität ist auch Brenn­stoff­zelle. Für die braucht man Wasser­stoff (Erdgas würde auch gehen, doch ist das nicht rege­ne­rativ). In der Mobilität könnte man den Wasser­stoff auch verbrennen. Versuche dazu gab es reichlich.

Erste Über­le­gungen dazu sind bereits 200 Jahre alt. BMW war später Vorreiter mit dem Hydrogen 7, gab den Versuch jedoch auf, da die Diffu­si­ons­ver­luste im Tank zu hoch waren. Und wer verliert schon Geld durch Treibstoffflüchtigkeit.

Wissen­schaftler aus Graz sind nun der Frage nach­ge­gangen, was denn effi­zi­enter sei – den Wasser­stoff via Verbrenner zu verbrennen oder per Brenn­stoff­zelle in Strom und damit in Antriebs­en­ergie umzu­wandeln. Sie kamen zu folgenden Schlüssen:

H2 für Verbrennungsmotor

Vorteile

  • Viel­stoff­tauglich, also auch Gemische mit Erd- und Biogas
  • Biva­lenter Betrieb möglich
  • Retrofit möglich
  • Robust und Kostengünstig
  • Fertigungs/​Fahrzeugstruktur mit > 1 Mrd. Fahrzeugen

Nachteile

  • Limi­tierter Wirkungsgrad
  • Nicht voll­ständig Schadstofffrei
  • Reich­weite mit H2 Speicher eingeschränkt
  • Geräusch­emission entspre­chend Benzin-VKM

H2 für Auto-Brennstoffzelle

Vorteile

  • Hoher Wirkungsgrad (nicht durch Carnot­prozess begrenzt)
  • Lokal Emis­si­onsfrei (Tank to Wheel)
  • Keine bewegten Teile, Lärmarm

Nachteile

  • Kosten (zunächst) enorm hoch
  • Infra­struk­tur­ab­hän­gigkeit (H2 Versorgung) derzeit sehr hoch
  • Lebens­dauer ungewiß
  • H2 Erzeugung entscheidend für Well to Wheel

Für die Verbrennung spricht also die vorhandene Infra­struktur und die vorhandene Tech­no­logie des Verbrenners, da der Wasser­stoff hier grund­sätzlich im biva­lentem Betrieb verbraucht wird. Das ist sowohl für Diesel als auch für Benzin möglich. Der große Nachteil ist der jedes Verbren­nungs­motors – der geringe Wirkungsgrad.

Für die Brenn­stoff­zelle ist es genau anders herum. Hier fehlt die Infra­struktur so gut wie komplett, auf der anderen Seite ist die Effizienz unschlagbar gut für den Verkehrssektor.

Dabei wäre das Infra­struk­tur­problem zu lösen, wenn die Brenn­stoff­zellen statt Wasser­stoff mit Erdgas betankt würden. Dafür exis­tieren allein in Deutschland gut 900 Tank­stellen. Doch ist dies weder von der Industrie noch von der Politik gewollt, da auch im Verkehrs­sektor Emis­si­ons­freiheit ange­strebt wird. Und der wäre mit Erdgas nicht zu haben. Es sei denn, man tankt reines Biogas.

Die Wissen­schaftler sehen noch weiter Problem­felder, die Wasser­stoff als Treib­stoff prägen:

  • Wesent­licher Einfluß der gesetz­lichen Rahmen­be­din­gungen (CO2-​Steuer, Emis­si­ons­ge­setze, Verkehrs­be­schrän­kungen) auf die Entwicklung von Fahr­zeug­an­trieben (Benzin/​Diesel/​Gas, Plug-​In Hybrid‑, Batterieelektrische- und Brennstoffzellenantriebe)
  • Vielfalt der Antriebs­kon­zepte wird steigen, keine Konvergenz absehbar
  • Umwelt­bilanz (v.a. CO2 Potenzial) von Wasser­stoff­an­trieben extrem abhängig von dessen Bereitstellung
  • Vorteile der Brenn­stoff­zelle entsprechen denen von E‑Antrieben, zusätz­liche Vorteile durch Reich­weite und Betan­kungs­zeiten vergleichbar Verbrenner
  • Kosten Brenn­stoff­zelle für Massen­markt derzeit nicht konkurrenzfähig
  • Wasser­stoff im Verbrenner limitiert im Wirkungsgrad, aber Vorteil der Viel­stoff­fä­higkeit der VKM – diese könnte als Brücken­tech­no­logie insbes. Erdgas-​Wasserstoff Gemische verar­beiten, die in bestehender Erdgas-​Infrastruktur gespei­chert, trans­por­tiert und verteilt werden könnten

Die hier vorge­stellten Ergeb­nisse fußen auf den Arbeiten der Wissen­schaftler Helmut Eichl­seder, Claus Matzer, Martin Rexeis vom Institut für Verbren­nungs­kraft­ma­schinen und Ther­mo­dy­namik, Tech­nische Univer­sität Graz; und Manfred Klell, Alexander Trattner, HyCentA Graz

Ein Vortrag zu dem Thema findet sich hier.


Der aktuelle Refe­ren­ten­entwurf des EEG 2016, der auch die Zukunft von Biogas als möglichen Mobilitäts-​Kraftstoff beinhaltet, findet sich hier bei Energieblogger-​Kollegen Daniel Bannasch auf seinem Blog Metro­pol­solar.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

0 Kommentare

EnWiPo
EnWiPo
„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...

„Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Wir ziehen immer häufiger Abwärme oder Abwasser in Betracht“

Seit diesem Jahr gilt das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze. Bis 2028 müssen alle Kommunen eine solche Planung vorlegen. Im Interview erklärt Jannik Hartfil, Fachgebietsleiter Kommunale Wärmeplanung bei dem Energienetzbetreiber EWE...

Smart Meter Rollout: Noch rollt wenig

Smart Meter Rollout: Noch rollt wenig

Der Smart Meter Rollout soll helfen Strom zu sparen und Lasten zu kappen. Das könnte Mietern und Verwaltern deutliche finanzielle Vorteile bringen. Doch der Ausbau geht nur schleppend voran. Zudem wären bei einer Einbindung der Wärmeversorgung in den Rollout die...