Wurde mit der kommunalen Wärmeplanung ab 1980 in Dänemark noch geplant, Heizöl zu verdrängen, rückt jetzt immer mehr Erdgas in den Focus.
Das berichtet Ralf Radloff, inzwischen pensionierter Wärmemarkt-Experte des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein und Herausgeber des Newsletters Wärmewende-Info.
Im ersten Teil widmete er sich dabei schon dieser Strategie im Großraum Kopenhagen (mehr hier). Sein neuer Newsletter (hier komplett herunterzuladen) setzt diesen Bericht nun fort.
Festgelegt wurden damals Wärmevorranggebiete für Fernwärme und Erdgas. Seit 2008 und nochmals 2012 wurde in verschiedenen Verordnungen die sukzessive Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien bei der Wärmeversorgung vorgesehen. Diese münden nun in der Verdrängung von Erdgas.
Ein Beispiel dafür ist der Varmeplan Hovedstaden. Ende 2014 wurden verschiedene Szenarien für den Zielhorizont 2035 vorgestellt. Nach Angaben von Flemming Andersen, Technischer Direktor des Versorgers VEKS, verfolgen die Kommunen zwar das Ziel, bis 2025 CO2-neutral zu sein. Die Unternehmen orientieren sich aber insofern auch am Jahr 2035, weil dann die Betriebszeit der meisten bestehenden KWK-Anlagen beendet sein wird und entschieden werden muss, welche Technologie ihre Kapazität ersetzen wird. Konzentriert wird der Ausbau der Fernwärmeversorgung in bisherigen Erdgasgebieten auf Wärme aus Müllheizkraftwerken und Erneuerbare Energie-Anlagen. Fossile Energieträger wie Erdgas spielen dann keine Rolle mehr.
Das in den potentiellen Erweiterungsgebieten tätige Gasversorgungsunternehmen (HMN) daraufhin den Erdgaspreis für Einfamilien-Kunden gesenkt, womit die Wärmeversorgung auf Basis Erdgas wieder wettbewerbsfähig war. „In Dänemark“ so Radloff, „wird also auch um Absatzgebiete gerungen. Das geschieht aber vergleichsweise friedlich, weil es sich auf beiden Seiten um Non-Profit-Unternehmen handelt und ansonsten die Energieaufsicht eingreifen würde, um die Höhe der Entschädigungszahlungen festzusetzen.“ Eine Entschädigung für die Verdrängten gibt es also auch.
Das ganze Modell ist in der auf Profit orientierten deutschen Energiewirtschaft, zu denen auch die Stadtwerke mit ihren Abführungsverträgen gehören, kaum vorstellbar.
Radloff sieht folgende Erfolgsfaktoren:
- Die verbindliche kommunale Wärmeplanung, mit der frühzeitig eine effizienzorientierte Wärmeversorgungsinfrastruktur aufgebaut worden ist.
- Der weitgehende gesellschaftliche Konsens über die Energie- und Klimaschutzpolitik, so dass im Ergebnis vieles nicht gesetzlich sondern über „Energievereinbarungen“ geregelt wird (vgl. z.B. sukzessives „Verbot fossiler Brennstoffe“).
- Die vergleichsweise hohe Besteuerung fossiler Energieträger (3,8 Ct./kWh) – auf deren Grundlage wesentliche Entwicklungen marktgesteuert ohne Förderung mit öffentlichen Mitteln realisiert werden.
- Die Organisation der dänischen Energieunter-nehmen, die weitgehend non-profit-Unternehmen sind.
- Die pragmatische Haltung und die Anpassungsfähigkeit der dänischen Akteure:
- Beispiel Kohleverdrängung: Kurzfristiger groß-volumiger Einsatz von Holzpellets in den Kohlekesseln, bis spätestens bis 2035 die Technik grundlegend erneuert sein muss.
- Beispiel Saisonalspeicher (in DK kostet er etwa 20–30 €/m3, in D rund 600 €/m3 und mehr ).
Einen Überblick über die Marktentwicklung bei Solarthermie, die auch in der dänischen Fernwärmeversorgung eine große Rolle spielt, gibt Energieblogger-Kollege Björn Katz hier auf seinem Blog Stromauskunft.
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