Dafür würde keine CO2-Steuer fällig: große solarthermische Anlage. Foto: Urbansky

Grüne beginnen Energie-​Wahlkampf mit Fairer Wärme

von | 6. Februar 2017

Die Grünen beginnen schon den Bundes­tags­wahl­kampf – jeden­falls auf ener­gie­po­li­ti­schem Gebiet. 

In ihrem aktuellen Antrag „Klima­schutz in der Wärme­ver­sorgung sozial gerecht voran­bringen – Akti­onsplan Faire Wärme starten“ zählen sie allerhand Maßnahmen auf, darunter einige alte Hüte, aber auch einige neue Forderungen.

Zur Reali­sierung hätten die Pläne nur dann eine Chance, wenn die Grünen in die Regierung kommen und den dann möglichen Partner SPD davon über­zeugen, denn die Sozi­al­de­mo­kraten lehnen die meisten der Forde­rungen ab. Ob R2G, also die Koalition aus SPD, Linken und Grünen, kommt, kann derzeit jedoch noch niemand sagen. An dieser Stelle seien die wich­tigsten Punkte mit Kommen­tierung vorge­stellt.

7 Mrd. für Wärmemarkt

Die bereit gestellten Mittel für erneu­erbare Wärme, ener­ge­tische Sanierung und Infra­struktur für die Wärme­ver­sorgung sollen auf insgesamt 7 Milli­arden Euro jährlich verdoppelt und die Antrags­ver­fahren verein­facht werden, damit die Förderung ankommt und gezielt wirkt.
Sehr gut.

Das Steuer- und Abga­ben­system im Ener­gie­sektor soll so weiter­ent­wi­ckelt werden, dass sich der CO2-​Ausstoß eines Ener­gie­trägers stärker im Preis wider­spiegelt und die bestehende Bevor­teilung von Heizöl gegenüber anderen Brenn­stoffen abgebaut wird.
Sprich: Ener­gie­steuer für Heizöl, Erdgas und Flüs­siggas sowie Kohle anheben.

Das Rege­lungs­di­ckicht im Gebäu­de­be­reich soll durch ein einfa­cheres und trans­pa­rentes Ener­gie­spar­recht ersetzt werden, das die CO2-​Emissionen und den realen Wärmebedarf
eines Gebäudes zu den wesent­lichen Bemes­sungs­größen macht.
Ersteres wird durch das neue Gebäu­de­en­er­gie­gesetz (GEG) in Angriff genommen. Letzteres ist mit der derzei­tigen Regierung nicht zu machen und wahr­scheinlich auch nicht mit der SPD als möglichen Koalitionspartner.

Gegen Tech­no­lo­gie­of­fenheit

Die staat­liche Subven­tio­nierung neuer Öl- oder Gashei­zungen über die KfW wird ab sofort einge­stellt und statt­dessen das Markt­an­reiz­pro­gramm für Erneu­erbare im Wärme­markt (MAP) verbessert und aufgestockt.
Genau das wider­spricht dem tech­no­lo­gie­of­fenen Ansatz der Regierung, der auch von der SPD getragen wird.

Der von der EU vorge­schriebene Niedrigstenergie-​Gebäudestandard für Neubauten wird entspre­chend dem KfW-​Standard Effi­zi­enzhaus 40 definiert. So kommen spätestens ab 2021 kaum noch Heizungen im Neubau zum Einsatz, die auf fossile Brenn­stoffe ange­wiesen sind.
Die Regierung tendiert eher zum KfW-​55-​Standard als Niedrigstenergiehaus.

Erneu­erbare verpflichtend auch im Bestand

Der Einsatz erneu­er­barer Energien wird auch im Gebäu­de­be­stand anteilig verpflichtend, wenn ohnehin ein Austausch der Heizungs­anlage erfor­derlich ist, so dass Erdöl und Erdgas auch im Bestand bis 2040 schritt­weise und planbar weitest­gehend durch erneu­erbar betriebene Heiz­systeme ersetzt werden.
Gleiches ist mit dem EWärmeG in Baden-​Württemberg eher gescheitert, Haus­be­sitzer zögern Sanie­rungen hinaus.

Kraft-​Wärme-​Kopplungsanlagen werden durch eine entspre­chende Ausge­staltung der KWK-​Förderung verstärkt von Mineralöl‑, Kohle- und Erdgas­be­trieb auf Abwär­me­nutzung (sollte ja eigentlich Standard sein, dank an Jonas für den Hinweis, FU) oder erneu­erbare Brenn­stoffe umgestellt.
Das ist schwierig, weil hier Erdgas der bestim­mende Brenn­stoff ist und eine Umstellung technisch äußerst kompli­ziert, wenn nicht gar unmöglich ist. Ausnahme: Wasser­stoff oder Biogas als Erdgasersatz.

Wärme­netze sollen für die Einspeisung erneu­er­barer Wärme sowie indus­tri­eller und gewerb­licher Abwärme durch gesetz­liche Rege­lungen geöffnet werden, um auch die Nah- und Fern­wär­me­ver­sorgung schritt­weise zu dekarbonisieren.
Löblich, hier müsste die aktuelle Geset­zeslage komplett geändert werden. Die Netz­be­treiber mit ihren Quasi-​Monopolen sind nicht wirklich verpflichtet, die Angebote von Dritten in ihr Netz aufzunehmen.

Temporäre Über­schüsse an Wind- und Solar­strom über Power-​to-​Heat-​Anwendungen zur Wärme­er­zeugung genutzt werden und so zur Sekto­ren­kopplung zwischen Strom- und Wärme­markt beitragen.
Sehr gute Idee, hat trotz ihrer Inef­fi­zienz noch am ehesten den Ansatz einer prak­ti­kablen Lösung.


Auch die anderen Parteien kommen hier an dieser Stelle zu Wort, wenn sie sich dezidiert zum Thema Wärme­wende äußern.

Über die Photo­voltaik im EEG 2017, von dem auch das neue GEG berührt ist, schrei­ben die Energieblogger-​Kollegen Franz-​Josef Kemnade und Christian Sperling von next­kraft­werke hier.

Frank Urbansky

Freier Jour­na­list und Fach­au­tor, unter anderem für die Fach­ma­ga­zine und Portale Brenn­stoff­spie­gel, Uniti; DW Die Woh­nungs­wirt­schaft und Immo­bi­li­en­wirt­schaft; Haufe-Lexware; Energie&Management; IVV, Huss Medien; Motor­tech­ni­sche Zeit­schrift und Sprin­ger­Pro­fes­sio­nal; Sprin­ger Fachverlag; SHK Profi und tab, Bau­ver­lag; stadt+werk, k21

3 Kommentare

  1. Markus

    Mit 1 kWh Strom „verheizt” kann man ja immerhin 1 kWh Erdgas einsparen – mit Wärme­pumpe entspre­chend mehr.
    1 kWh Strom kostet zumindest bei großen PV-​Anlagen bald weniger als 1 kWh Erdgas (Endkun­den­preise), Windkraft kostet im Norden auch nicht mehr als Erdgas. Also sogar „wirt­schaftlich” das verheizen vno Strom…
    Wobei ein Nahwär­menetz mit Nieder­tem­pe­ratur (< 30°C Vorlauf) und Solar­thermie und Wärme­pumpe betrieben eine inter­es­sante „Ener­gie­senke” wäre 🙂

  2. 1

    Was ist denn Inef­fi­zient am verheizen von tempo­rären Über­schüssen von Wind- und Solar­strom? Es ist effi­zi­enter als abriegeln und Effi­zi­enter als Poer to Gas.

    • Frank Urbansky

      Verglichen mit PtG ist PtH sicher effizient, aber generell ist das direkte Heizen mit Strom ineffizient.

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